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Blakeley | Die Geburt der Freiheit aus dem Geist des Sozialismus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 496 Seiten

Blakeley Die Geburt der Freiheit aus dem Geist des Sozialismus

Wie das Kapital die Demokratie zerstört
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12393-7
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie das Kapital die Demokratie zerstört

E-Book, Deutsch, 496 Seiten

ISBN: 978-3-608-12393-7
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Eine beeindruckende Abrechnung mit der kapitalistischen Logik des freien Markts« Naomi Klein Die Rede von »Freiheit« im Kapitalismus ist eine Nebelkerze, die die Reichen und Mächtigen schützt und Bürger entmündigt. Subventionen, Steuer-Deals, Hinterzimmer-Absprachen und im Notfall die Rettung durch den Staat haben eine nahezu unverwundbare Plutokratie geschaffen - finanziert durch Steuergeld, aber ohne demokratische Kontrolle. Oxford-Ökonomin, politische Analystin und Erfolgsautorin Grace Blakeley zeigt erfrischend direkt, warum die Spaltung der Gesellschaft durchaus im Interesse des Kapitals ist und weshalb nur eine Gemeinschaft auf Augenhöhe echte Freiheit und Demokratie bedeuten kann. Autobauer, die Rekordsummen an Aktionäre ausschütten, dann aber nach staatlichen Hilfen rufen und mit Streichung von Arbeitsplätzen drohen. Luftfahrtunternehmen, die Flugzeuge bauen, die nicht fliegen können und Menschenleben kosten. Ein globaler Überbietungswettbewerb in Staats-Subventionen und Kürzungen von Sozialleistungen. Während demokratische Parteien diese Entwicklungen als alternativlos bezeichnen, nutzen die Rechtsextremen die Lage schamlos aus und lenken die Wut auf die Schwächsten. Das alles ist keine Ausnahme, sondern das Wesen des Kapitalismus. Grace Blakeley legt die Mechanismen von Broligarchie und Neoliberalismus 2.0 schonungslos offen. Sie zeigt unmissverständlich: Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger zusammenhalten, haben sie eine Chance, die Allianz aus Superreichen und rechten Politkern zu brechen und ein freies Leben für alle zu bewahren.

Grace Blakeley, geb. 1993, ist Autorin, Journalistin und Kommentatorin. Sie ist Absolventin der Oxford Universität, wo sie Philosophie, Wirtschaft und Politik studierte und mit Auszeichnung abschloss. Sie zählt zu den prominentesten Kapitalismuskritikerinnen ihrer Generation und ist Herausgeberin von Futures of Socialism. Auf Deutsch erschien 2023 ' Stolen: So retten wir die Welt vor dem Finanzkapitalismus'.
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Vorwort


Deutschland befindet sich an einem Scheideweg. Jahrzehntelange Sparmaßnahmen haben die physische und soziale Infrastruktur des Landes ruiniert und die arbeitende Bevölkerung schwer getroffen. Die jüngsten Erhöhungen der Staatsausgaben haben die Auswirkungen der Pandemie kaum gemildert. Profitiert haben allein große Unternehmen. Das Wachstum stagniert seit mehreren Jahren, und während ich dieses Vorwort schreibe, sieht es danach aus, als sei die Wirtschaft 2024 sogar in die Rezession gerutscht. Und die extreme Rechte nutzt diese Lage aus, um Hass gegen Migranten und andere Gruppen zu schüren.

Was ist aus dem berühmten deutschen Wirtschaftswunder geworden?

Vor kaum zehn Jahren noch blickten Politiker in ganz Europa voller Bewunderung auf die starke und stabile deutsche Wirtschaft. Andere reiche Länder beneideten die Industrie für ihre erstaunlichen Produktivitätsraten und die guten Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten. Nur wenige Nationen besaßen eine solche Stabilität wie Deutschland in der 16-jährigen Regierungszeit Angela Merkels. Oft war vom deutschen »Sonderweg« die Rede, meist mit positivem Unterton.

Doch die Eurokrise trieb den schwelenden Konflikt Deutschlands mit den südeuropäischen Staaten auf die Spitze. Deutsche Politiker nahmen für ihr Land finanzpolitische Rechtschaffenheit in Anspruch und kritisierten die Verschwendungssucht der sogenannten »PIIGS«, also der angeschlagenen Länder Portugal, Italien, Irland und Griechenland. Sie hielten ihnen Vorträge und zwangen ihnen eine rigide Sparpolitik auf. Würden diese Länder nur den Vorgaben der Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds gehorchen, so erklärten sie, dann würden auch die PIIGS eines Tages Wachstumsraten wie Deutschland erreichen.

Tatsächlich basierte das deutsche Wirtschaftswunder jedoch gar nicht auf Sparmaßnahmen, und die Schuldenkrise wurde auch nicht durch Verschwendungssucht verursacht. Vielmehr war beides auf die Einführung des Euros zurückzuführen, der die deutschen Exporte äußerst attraktiv machte, die Wettbewerbsfähigkeit des Südens hingegen schwächte, dessen Länder Deutschland technologisch hinterherhinkten. Den deutschen Politikern war das zweifellos bewusst, als sie ihren südlichen Nachbarn eine katastrophale Sparpolitik aufzwangen.

Heute ist die selbstgefällige Überlegenheit deutscher Spitzenpolitiker passé. Tatsächlich lässt sich die aktuelle Malaise zu großen Teilen mit der deutschen Sparversessenheit erklären. In den Jahren des Booms waren die Investitionen in die Wirtschaft erschreckend gering. Anstatt zu investieren, um künftigen Wohlstand zu sichern, zielte die politische Klasse auf Haushaltsüberschüsse, betört vom Sirenengesang der »Schwarzen Null«. Diese einseitige Fixierung auf Sparmaßnahmen wurde nur noch von den Politikern im Vereinigten Königreich übertroffen, die mit tiefen Einschnitten bei den öffentlichen Ausgaben die britische Wirtschaft lahmlegten.

Seit der Coronapandemie diskutiert Deutschland heftig über das angebliche Ende der Sparmaßnahmen. Als die Staatsausgaben jedoch stiegen, um die durch das Virus ausgelöste Katastrophe einzudämmen, hätte dies beinahe eine Verfassungskrise verursacht.

Das Funktionieren des Kapitalismus beruht auf einem ungehinderten Fluss von Waren, Dienstleistungen und Geld. Als diese Ströme in der Pandemie zu versiegen drohten, mussten die Regierungen handeln, um einen totalen wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern und die Basis für künftiges Wachstum zu schaffen. Die Christdemokraten verklagten jedoch die Ampelkoalition wegen des Klimainvestitionsfonds, der im Rahmen des Konjunkturpakets zur Bekämpfung der Pandemie geschaffen wurde. 2023 entschied das Gericht schließlich, dass der 60 Milliarden Euro schwere Corona-Klimafonds verfassungswidrig sei, da er gegen die sogenannte »Schuldenbremse« verstoße, die 2009 unter Merkel im Grundgesetz verankert wurde. Letztlich brach die Regierung über dieser Frage auseinander.

Die Sparmaßnahmen sind tot. Es leben die Sparmaßnahmen!

Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien waren die Folgen jahrzehntelang niedriger oder sinkender Staatsausgaben verheerend. Nicht nur die arbeitende Bevölkerung litt unter den geringeren Ausgaben für öffentliche Dienstleistungen und soziale Sicherheit. Das Versäumnis, in künftigen Wohlstand zu investieren, gefährdete auch die Grundlagen des Wirtschaftswachstums. Die Produktivität ist eingebrochen, und die deutsche Infrastruktur befindet sich in einem desolaten Zustand, was erklärt, warum das Verkehrsnetz bei widrigem Wetter schnell zum Erliegen kommt. Selbst der IWF, gewöhnlich ein Freund der Sparpolitik, erklärt unumwunden, dass die Produktivität »durch unzureichende Investitionen in die öffentliche Infrastruktur gesunken ist«.[1]

Diese wirtschaftlichen Probleme haben zu einer großen gesellschaftlichen Unzufriedenheit geführt. In Großbritannien liegt das Vertrauen ins Regierungssystem auf einem »Allzeittief«. In Deutschland ist der Trend derselbe: Nur 27 Prozent der Menschen gaben 2023 an, dass sie dem Staat zutrauten, seinen Aufgaben gerecht zu werden.[2] Hinter diesem Misstrauen verbirgt sich eine tiefe Vorahnung über die Zukunft sowohl der deutschen Gesellschaft als auch des globalen Wirtschaftssystems. Laut einer aktuellen Umfrage machen sich 65 Prozent der Deutschen Sorgen über steigende Lebenshaltungskosten, 60 Prozent fürchten zu teuren Wohnraum und 57 Prozent Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen.[3]

Die zunehmende Zukunftsangst ist mit einem wachsenden Gefühl wirtschaftlicher Unsicherheit verbunden. Fast 17 Prozent der Deutschen leben heute in Armut, die meisten von ihnen, obwohl sie einen Job haben. Damit gehören sie zu jener Gruppe, die im englischen Sprachraum »Working Poor« genannt wird. Die Kinderarmut hat kürzlich sogar ein Rekordhoch erreicht.[4] Die Erosion der öffentlichen Dienstleistungen bedeutet, dass Kranke und Arbeitslose auf sich allein gestellt sind. Der deutsche Sozialstaat wurde seit den sogenannten Hartz-Gesetzen von 2010, die die Renten- und Arbeitslosenleistungen erheblich reduzierten, stetig ausgehöhlt.

Politiker rechtfertigten die Sparmaßnahmen mit der Begründung, sie schützten freie Märkte und förderten die Haushaltsdisziplin. In der Tradition des deutschen Ordoliberalismus solle sich der Staat darauf beschränken, das effektive Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Nur ein sorgfältig austariertes Gleichgewicht zwischen Märkten und staatlichen Eingriffen, hieß es, bewahre die deutsche Wirtschaft vor den Problemen einer ineffizienten Zentralplanung sowjetischer Prägung einerseits und einem ungezügelten Kapitalismus nach US-Vorbild andererseits.

Deutschland, so argumentierten die Entscheidungsträger, sei etwas Besonderes: Das Engagement für Ordnung, Disziplin und Rechtsstaatlichkeit, das von seinen Politikern und Bürokraten an den Tag gelegt werde, ermögliche es diesen Eliten, die Wirtschaft wie eine fein abgestimmte Maschine zu steuern. Technokratie – die Herrschaft von technischen Experten – ist der Leitstern der deutschen Politik.

Aber wie ich im Laufe dieses Buches zeigen werde, untergräbt eine technokratische Herrschaft die Demokratie. Demokratische Politik muss durch eine offene Debatte zwischen Interessengruppen gekennzeichnet sein, die jeweils für ihre Ziele eintreten. Technokratische Regierungsführung ersetzt diese Debatte durch eine Verwaltung aus technischen Experten, die vorgeben, die Allgemeinheit zu vertreten. In einer kapitalistischen Gesellschaft neigen diese technischen Experten jedoch zu Maßnahmen, die zuerst dem Kapital und nicht den Arbeitnehmern zugutekommen. Immer mit der Begründung, es gehe nur darum, das Wirtschaftswachstum zu steigern.

Diese Tendenz ist im deutschen Sparkurs der vergangenen Jahrzehnte deutlich zu erkennen. Sparmaßnahmen wurden als technische Eingriffe dargestellt, um den Staat schlank zu halten und den Markt vor schädlichen Interventionen zu schützen. Tatsächlich aber bedeuteten diese Maßnahmen eine Umverteilung von unten nach oben.

Das Geld, das den Menschen in der Pandemie zur Verfügung gestellt wurde, sollte den Konsum stützen und Masseninsolvenzen verhindern, nicht den Lebensstandard der Menschen erhalten. Die Erhöhung der Staatsausgaben während Corona diente größtenteils der Subventionierung von Großunternehmen, wie ich in Kapitel drei dieses Buches zeige. So stimmte die Regierung beispielsweise einem Neun-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die Lufthansa zu, wobei der Staat einen Anteil von 20 Prozent an dem Unternehmen übernahm. In der Logik des deutschen Kapitalismus ist die teure Rettung klimaschädlicher Industrien keine verfassungswidrige Verwendung öffentlicher Mittel. Investitionen zur Verhinderung des Klimakollapses sind es hingegen schon.

Die deutsche Bevölkerung glaubt ihren Eliten, weil sich das ganze Land davon überzeugt hat, nicht wie »andere« kapitalistische Volkswirtschaften zu sein: In Deutschland gibt es weniger Ungleichheit und weniger Unordnung als in den extremen freien amerikanischen und britischen Modellen von Marktkapitalismus. Deutschland ist effizienter und produktiver als die südeuropäischen Volkswirtschaften, was man selbstzufrieden auf den zurückhaltenden Ansatz bei den Staatsausgaben zurückführt. Deutschland gelingt es weitaus besser als Nachbarn wie Frankreich oder Belgien, den Frieden zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu wahren. So zumindest die Selbstwahrnehmung.

Deutschland ist überzeugt, dass es gar kein kapitalistisches Land sei. Bei einer meiner ersten Reisen nach Deutschland...


Blakeley, Grace
Grace Blakeley, geb. 1993, ist Autorin, Journalistin und Kommentatorin. Sie ist Absolventin der Oxford Universität, wo sie Philosophie, Wirtschaft und Politik studierte und mit Auszeichnung abschloss. Sie zählt zu den prominentesten Kapitalismuskritikerinnen ihrer Generation und ist Herausgeberin von Futures of Socialism. Auf Deutsch erschien 2023 "Stolen: So retten wir die Welt vor dem Finanzkapitalismus".

Grace Blakeley, geb. 1993, ist Autorin, Journalistin und Kommentatorin. Sie ist Absolventin der Oxford Universität, wo sie Philosophie, Wirtschaft und Politik studierte und mit Auszeichnung abschloss. Sie zählt zu den prominentesten Kapitalismuskritikerinnen ihrer Generation und ist Herausgeberin von Futures of Socialism. Auf Deutsch erschien 2023 "Stolen: So retten wir die Welt vor dem Finanzkapitalismus".

Grace Blakeley, geb. 1993, ist Autorin, Journalistin und Kommentatorin. Sie ist Absolventin der Oxford Universität, wo sie Philosophie, Wirtschaft und Politik studierte und mit Auszeichnung abschloss. Sie zählt zu den prominentesten Kapitalismuskritikerinnen ihrer Generation und ist Herausgeberin von Futures of Socialism. Auf Deutsch erschien 2023 " Stolen: So retten wir die Welt vor dem Finanzkapitalismus".



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