E-Book, Deutsch, Band 2, 320 Seiten
Reihe: Aimée-Leduc-Reihe
Black Die langen Schatten der Bastille
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-492-96518-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Aimée Leduc tappt im Dunkeln
E-Book, Deutsch, Band 2, 320 Seiten
Reihe: Aimée-Leduc-Reihe
ISBN: 978-3-492-96518-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Für das Treffen mit einem schwierigen Kunden hat Aimée Leduc ihre elegante chinesische Seidenjacke angelegt, ein echter Hingucker. Doch als die Privatdetektivin in dem angesagten Restaurant im Pariser Bastille-Viertel eintrifft, muss sie feststellen, dass die gutaussehende Blondine am Nachbartisch dasselbe Jackett trägt. Ärgerlich. Doch es soll noch schlimmer kommen. Die Dame am Nachbartisch lässt ihr Handy liegen, und als Aimée ihr folgt, um es ihr hinterherzubringen, wird sie in der düsteren Passage Boule Blanche niedergeschlagen. Als sie wieder zu sich kommt, kann sie nichts mehr sehen. Eine Augenverletzung, die sie vorübergehend in Dunkelheit stürzt. Dennoch scheint sie Glück gehabt zu haben, denn die andere Frau wurde ein paar Straßen weiter tot aufgefunden. Ermordet. Eine Verwechslung? War der Täter ein Serienkiller, wie es die Polizei vermutet? Oder galt der Anschlag am Ende ihr selbst? Mit Hilfe ihres Partners René und trotz ihres Handicaps muss Aimée Leduc die Wahrheit herausfinden, bevor es zu spät ist ...
Cara Black wurde mit ihren Kriminalromanen um die Privatdetektivin Aimée Leduc in den USA zur Bestsellerautorin. Inzwischen hat sie dreizehn Paris-Krimis geschrieben, die stets in einem anderen Pariser Quartier spielen. Cara Black lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in San Francisco und reist oft in ihre Lieblingsstadt Paris. 2012 wurde ihr die »Medaille de la Ville de Paris« verliehen.
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PARIS OKTOBER 1994 MONTAG Montagabend Aimée Leduc spürte den Luftzug, der die Schwimmkerzen zum Flackern brachte, als neben ihr auf der Restaurantbank eine Frau Platz nahm. Sie murmelte in ihr Handy und trug eine schwarze chinesische Seidenjacke, die exakt so aussah wie die von Aimée. Na großartig! Ausgerechnet heute Abend musste jemand in ihrer Jacke aufkreuzen. Aimée sah kurz zu dem Gast hinüber. Blonde Strubbelhaare, perfekt geschminktes Gesicht, nur an der Schläfe wölbte sich eine feine Ader. Die Frau blickte auf und ließ Aimée einen durchdringenden Blick zukommen. »Tja, was sagt man dazu!«, meinte Aimée. »Es gibt Schlimmeres.« Die Frau zuckte nur die Achseln. Dass sie das gleiche Outfit anhatte wie die Frau neben ihr, war offenbar ihre geringste Sorge. Aimée bemerkte noch ihren seltsam ängstlich gehetzten Blick, dann wandte sie sich ab. Um sie herum, im Licht der roten, im etruskischen Stil gehaltenen gläsernen Kerzenhalter, dinierte das mondäne Paris. Das exklusive Restaurant befand sich in einer ehemaligen Fleischerei, und zu seinem besonderen Chic gehörte es wohl, dass die freiliegenden Stahlträger und verrosteten Fleischerhaken noch zu sehen waren. Obwohl es immer Wochen im Voraus ausgebucht war, hatte ihr Kunde Vincent Csarda, Chef der Werbeagentur Populax, nie ein Problem, noch einen Tisch zu bekommen. Im Geklirre der Gläser und Geplärre der Kellner fiel es Aimée schwer, Csarda zu verstehen. Er saß ihr gegenüber und traktierte seine glitschigen Ziti con vongole. »Ich sitze in der Zwickmühle. Wir haben die Incandescent-Kampagne erst vor zwei Wochen an Land gezogen«, sagte er. Mit seinem helmartigen Haarschnitt und der roten Krawatte wirkte er etwas deplatziert inmitten der modisch gekleideten Menge, die sich zum Abendessen eingefunden hatte. Csarda, nicht ganz so groß wie Aimée, war Mitte dreißig. Ein nervöser Typ und sehr hager, vermutlich die Folge vieler Überstunden und ebenso vieler Espressi. Aimée wünschte, das würde bei ihr ebenso anschlagen. Eigentlich hätte sie ihre Wohnung für die Bauarbeiter herrichten und ihre Sachen packen sollen. Sie war hin- und hergerissen: Sollte sie sich weiter Csardas Ausflüchte antun, oder sollte sie lieber auf der Stelle aufspringen und sich ein Taxi schnappen? »Tiens«, sagte Csarda, »was kann ich dafür, dass Incandescent bloß eine Scheinfirma ist, über die Waffenhändler ihre Geldwäsche abwickeln?« »Die Staatsanwaltschaft sieht das anders«, sagte Aimée geduldig. Wenn er doch bloß mal den Tatsachen ins Auge blicken würde. Aber Csarda wollte immer, dass alle nach seiner Pfeife tanzten. Das wollten sie alle. »E-Mails und heruntergeladene Dokumente sind rechtskräftige Beweise. Wir müssen die Dateien über die Marketingkampagnen für das Opernhaus, die hier und in Russland laufen sollten, der Staatsanwaltschaft übergeben.« »Aber die Kampagne für die Opéra hat damit doch gar nichts zu tun. Ich werde nicht zulassen, dass die Ermittlungen dem Ruf meiner Agentur schaden!« Sie rang sich ein Lächeln ab. Immerhin war er zahlender Kunde. »Mein Kontakt zur Staatsanwaltschaft meint, dass eine Vorladung unter Strafandrohung unmittelbar bevorsteht«, erklärte sie. »Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Es wäre besser, wenn Sie die Festplatte freiwillig herausrücken.« Es war nicht das erste Mal, dass sie die Empfehlung ihrer besten Freundin Martine bedauerte. Martine und Vincent Csarda waren Partner bei Diva, einer neuen Zeitschrift. Martine, ehemalige Chefredakteurin von Madame Figaro, mit Köpfchen und Beziehungen gesegnet, erledigte die Arbeit, während Csarda alles finanzierte. Martine hatte hart gearbeitet, um den Start der Zeitschrift für diese Woche hinzubekommen. Die Blondine neben ihnen drückte ihre Zigarette aus, trommelte mit den langen purpurroten Fingernägeln auf den Tisch und zündete sich gleich darauf eine neue Zigarette an, um auch diese nach ein paar Zügen in den Aschenbecher zu drücken. Aimée erkannte die Nagellackfarbe – Violet Vamp – für Frauen, die wissen, was sie wollen – so die Werbung. Auch sie hatte schon daran gedacht, sich diesen Nagellack zu kaufen. Sie versuchte die Rauchkringel neben sich zu ignorieren. Vor vier Tagen hatte sie mit dem Rauchen aufgehört. Mal wieder. Aimées abgebrochene Fingernägel in Gigabyte Grün hatten dringend eine Maniküre nötig. Aber wenigstens sorgten ihre sonnengebleichten Haare und ihre Bräune nach einer Woche Sardinien dafür, dass sie zwischen all den aufgedonnerten Gästen nicht ganz schlecht abschnitt. Hatten jetzt schon alle die Boutique in der Rue Charonne für sich entdeckt? Und den Gegenwert einer Ladenmiete für das enganliegende, seitlich geknöpfte Kleid mit der dazu passenden Jacke hingeblättert, die angeblich »einzige ihrer Art«? Aimée hatte sich lediglich die Jacke mit den Mah-Jongg-Knöpfen leisten können, anders als die Frau am Nebentisch, die auch noch das dazugehörige atemberaubende Etuikleid trug. Der Duft nach frischem Basilikum und geröstetem Knoblauch zog vom Nachbartisch herüber. Doch als Aimée nach einer Weile wieder hinsah, war die Speisekarte gegen den Aschenbecher gelehnt, und die Frau in der Jacke war verschwunden. Von der Theke kam Gelächter. Stühle schrammten über die Bodenfliesen. Höchste Zeit, zu einer Einigung zu kommen, Csardas geschwollenen Kamm zu glätten und ihn dazu zu bringen, mit den Behörden zu kooperieren, dachte Aimée. Dann konnte auch sie nach Hause. »Wird meine Agentur mit in die Sache hineingezogen, werden Gerüchte die Runde machen«, sagte Csarda jetzt. »Gerüchte, die verheerend sein können.« Insgeheim stimmte sie ihm zu. Wer will schon bei Ermittlungen zu internationalen Waffengeschäften als Appetithäppchen serviert werden? Aber wenn die Staatsanwältin erst einmal etwas auf ihrer Prozessliste hatte, dann blieb es dort auch. »Monsieur Csarda, Sie müssen Ruhe bewahren. Wir geben ihnen die Festplatte, und …« »Meine Kunden erwarten, dass ich ihre Daten vertraulich behandle. Dafür werde ich bezahlt«, unterbrach er. »Und nicht Sie, und die Staatsanwältin auch nicht. Sie hat kein Recht auf diese Informationen, und auch nicht auf meine Kundenliste.« Aimée versuchte ihn zu beschwichtigen und das Gespräch auf das stets aktuelle Thema Computersicherheit zu bringen. »Ich habe gute Neuigkeiten für Sie. Wir haben eine neue Firewall eingezogen, Hacktivisten sollten Populax nicht mehr gefährlich werden können«, sagte sie und schenkte ihm Badoit-Sprudelwasser nach. Csarda machte sich ständig Sorgen wegen der Hacker. »Dafür bezahlen wir Sie ja schließlich.« Csarda stand auf. So klein er auch war, er nötigte ihr Achtung ab, sogar in dem zerknitterten Seersucker-Jackett. »Mein Anwalt wird dem einen Riegel vorschieben. Warum können Sie die Incandescent-Daten nicht einfach verschlüsseln? Dadurch würden wir uns alle unnötigen Ärger ersparen.« »Zu spät. Hören Sie, Monsieur Csarda, René und ich haben Ihnen das System installiert«, sagte Aimée. »Aber wir halten uns an die Gesetze. Würden wir jetzt etwas verschlüsseln, wäre das illegal. Ich kenne die Staatsanwältin, sie ist ganz vernünftig.« Csarda starrte sie finster an. »Wir haben Sie für diese Sicherheit bezahlt!« Er zog den Vertrag zwischen der Agentur und Leduc Détective aus seinem Aktenkoffer, zerriss ihn mit großer Geste und verstreute die Schnipsel wie Parmesan über Aimées Pasta. Dann schob er sich an dem Kellner vorbei, der gerade den zweiten Gang, Artichauts aux citron, brachte. Aimée sprang auf und wollte Csarda noch aufhalten, aber der schoss schon zur Tür hinaus und verschwand im Passagengewirr des Quartier de la Bastille. Aimée war der Appetit vergangen. Wie hatte das alles nur so schieflaufen können? Es machte einfach einen besseren Eindruck, wenn ein Unternehmen mit mehreren Millionen Francs Umsatz seine Festplatte freiwillig aushändigte, anstatt sie zurückzuhalten. Niemand riss sich darum, in eine Geldwäschegeschichte verwickelt zu werden, aber konnte es sein, dass Vincent Csarda, selbst ernannter Chef d’operations, etwas zu verbergen hatte? Am Nebentisch schwelte die verwaiste Zigarette mit dem zum Nagellack passenden Abdruck eines Violet-Vamp-Lippenstifts im Aschenbecher vor sich hin. Aimée schob sich einen Nicorette-Kaugummi in den Mund. Mit Unbehagen dachte sie daran, dass sie ihren Partner René anrufen und ihm von Csardas Wutanfall berichten musste. René konnte besser mit schwierigen Kunden umgehen. Jedenfalls musste sie sich ständig von ihm anhören, dass ihr Taktgefühl zu wünschen übrig lasse. Unterm Strich aber lief es auf dasselbe hinaus: Rückten sie die von der Staatsanwaltschaft angeforderten E-Mails und Dateien nicht heraus, machten sie sich strafbar. Egal, ob Csarda ihren Vertrag zerrissen hatte oder nicht. Und dann fiel ihr Blick auf das Handy, das auf der Bank neben ihr lag. Es war das Telefon der Frau vom Nebentisch. Sie musste es vergessen haben. Ein Handy zu verlieren war ärgerlich. Aimée hatte ihres erst neulich irgendwo liegen lassen und sich ein neues besorgen müssen. Sie beschloss, das Handy auf dem Weg nach draußen beim Oberkellner abzugeben. In diesem Moment tauchte der Kellner auf und schob ihr die Rechnung hin. Na wunderbar! Der perfekte Abschluss eines perfekten Abends! Sie würde den Betrag vom Vorschuss abziehen, wenn sie Populax die endgültige Rechnung schickte. Kurz darauf kam der...