Buch, Deutsch, Band 17, 280 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm, Gewicht: 669 g
Reihe: Iran - Turan
Gesundheitsversorgung und -aufklärung der Muslime des ausgehenden Zarenreichs (1864-1917)
Buch, Deutsch, Band 17, 280 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm, Gewicht: 669 g
Reihe: Iran - Turan
ISBN: 978-3-95490-294-1
Verlag: Reichert Verlag
Zunächst wird anhand von Daten der Gesundheitsbehörden dargestellt, wie die Medikalisierung in der Region vonstattenging, auf welche Nachfrage das medikale Angebot stieß und wie es mit der Ausbildung muslimischer Ärzte und Ärztinnen bestellt war. Dabei erweist sich die Gegenüberstellung von Wolgatataren und Baschkiren als hilfreich, denn sie bricht die Einheit „der“ Muslime auf und eröffnet Einsichten in die ungleiche Gesundheitspolitik der Behörden gegenüber den beiden Ethnien. Diese wirkte sich auf die Akzeptanz der Medizin höchst unterschiedlich aus und lässt die Klagen der Landärzte über die mangelnde Compliance der muslimischen Bevölkerung in einem anderen Licht erscheinen. Die Krankenstatistiken gewähren dabei Einblick in die Verbreitung von Skorbut als Symptom für die tiefgreifende Verarmung der baschkirischen und tatarischen Landbevölkerung.
Der zweite Teil analysiert gesundheitsrelevante Texte, die sich an muslimische Leser richten. Sie bringen die Vielstimmigkeit der Autoren von Gesundheitsthemen über die theologische Auseinandersetzung mit der medizinischen Forschung bis hin zur Diskussion umstrittener Gesundheitsmaßnahmen wie der Hagg-Quarantäne zum Ausdruck. Wenn Zivilisationskrankheiten wie Neurasthenie dabei wesentlich mehr Raum einnehmen als der Skorbut, belegt dies die Kluft der Autoren zur Lebenswelt derer, die sie zu gesundheitsadäquatem Verhalten erziehen wollten, sowie ihre Orientierung an westeuropäischen Diskursen. Hier wie dort tritt die Moderne einerseits als Heilsbringerin in Erscheinung und andererseits als degenerative Gefährderin der Spezies Mensch. Das Charakteristische der russlandmuslimischen Texte besteht in der Verbindung von naturwissenschaftlichen Argumenten mit Versatzstücken aus der Prophetenmedizin zu einer naturwissenschaftlich-religiösen Allianz. Diese Allianz ebnete zum einen der Medikalisierung den Weg und diente zum anderen der Konsolidierung eines modernen islamischen Selbstbewusstseins. Wie dazu die Hygiene beitrug, liegt im Augenmerk der Untersuchung.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtliche Themen Mentalitäts- und Sozialgeschichte
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Europäische Geschichte
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Geschichte einzelner Länder Asiatische Geschichte




