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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 336 Seiten

Reihe: Eifel-Krimi

Berndorf Eifel-Jagd

Der 7. Siggi-Baumeister-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 7, 336 Seiten

Reihe: Eifel-Krimi

ISBN: 978-3-89425-811-5
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der 7. Band der Eifel-Serie Drei Leichen innerhalb weniger Tage: eine Schönheit aus Düsseldorf, die ehrbare Frau eines Eifler Bauunternehmers und ein ehemaliger Penner, der in einem Bauwagen am Waldrand eine neue Heimat gefunden hatte. Was verbindet die Toten, wer steckt dahinter? Der Unternehmer Julius Berner, der in der Eifel eine Jagd unterhält? Der Journalist Siggi Baumeister und Kriminalrat a. D. Rodenstock gehen selbst auf die Pirsch und müssen aufpassen, dass sie nicht in die Schusslinie geraten ...

Jacques Berndorf - Pseudonym des Journalisten Michael Preute - wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt heute in der Eifel. Er war viele Jahre als Journalist tätig, arbeitete unter anderem für den 'stern' und den 'Spiegel', bis er sich ganz dem Krimischreiben widmete. Seine Siggi-Baumeister-Geschichten haben Kultstatus, im Grafit Verlag sind erschienen: Eifel-Blues, Eifel-Gold, Eifel-Filz, Eifel-Schnee, Eifel-Feuer, Eifel-Rallye, Eifel-Jagd, Eifel-Sturm, Eifel-Müll, Eifel-Wasser, Eifel-Liebe, Eifel-Träume und Eifel-Kreuz. Außerdem lieferbar: Die Raffkes und Der Kurier (beides Politthriller).
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ERSTES KAPITEL
  Eric Clapton hat auf einer CD einen mörderischen Blues gespielt: Blues before sunrise. Den hatte ich, der dröhnte in meinem Herzen, der machte mich krank, der nahm mir den Atem. Natürlich konnte man das auch ganz kühl einen resignativ-depressiven Zustand nennen und kiloweise Antidepressiva ins Hirn schütten, aber ich bin nicht von dieser Art. Am liebsten, das gebe ich zu, hätte ich geheult. Aber das Heulen war mir irgendwann in den vergangenen zwei Jahrzehnten verloren gegangen, war von dem Flüsschen meines Lebens fortgespült worden, stand mir einfach nicht mehr zur Verfügung. Dinah hatte mich verlassen. O nein, einen Krach hatte es nicht gegeben, keine lautstarke Auseinandersetzung nach dem Motto: »Du hast das gesagt, damals schon, du hast immer noch nicht begriffen …« Nichts dergleichen. Stattdessen bei einer Scheibe Brot mit Leberwurst die Feststellung: »Ich gehe, ich verlasse dich.« Ganz sanft und so hart wie Glas. Ich hatte zwei Möglichkeiten der Rückfrage. Erstens: »Wie heißt er denn?« Und zweitens: »Hast du dir das auch gut überlegt?« Ich stellte die erste Frage, weil eine unglaubliche Wut wie eine Stichflamme in mir hochschoss und weil ich dieser Wut die Spitze abbrechen wollte, ehe sie irgendetwas mit mir tat, was nicht zu verantworten war. Sie antwortete ganz kühl: »Diese Reaktion habe ich erwartet. Ich frage mich, wieso Männer immer zuerst auf die Idee kommen, dass dahinter ein anderer Mann steckt.« »Ganz einfach«, sagte ich. »Das kriegen wir vom Leben so beigebracht. Meistens schon von unseren Müttern. Wann gehst du? Und wohin?« Ich dachte fiebrig: Du wirst mich nicht winseln sehen. »Ich gehe heute Abend noch. Und wohin ich gehe, werde ich dir sagen, wenn ich weiß, wo mein Bett steht. Das ist alles noch nicht entschieden.« Vielleicht brauchte ich sechzig Sekunden, um mich unter Kontrolle zu bringen, vielleicht einhundertzwanzig. Nach einer Ewigkeit murmelte ich: »Gut. Wenn du so entschieden hast, will ich nicht darüber diskutieren. Du wirst deine Gründe haben. Vermutlich lässt du deine Sachen erst einmal hier.« »Ich wollte dich darum bitten«, sagte sie leise. »O ja, kein Problem«, nickte ich. »Lass sie so lange hier, wie du magst. Es ist ja Platz genug da. Und außerdem hast du einen Schlüssel und kannst das Zeug jederzeit holen.« »Den Schlüssel wollte ich dir eigentlich zurückgeben. Ich brauche ihn nicht mehr.« Sie machte eine Pause und legte den Kopf schief. Dann schloss sie die Augen und begann zu weinen. »Fühlst du dich nicht auch beschissen?« »Leck mich am Arsch«, sagte ich. Ich stand so heftig auf, dass der Küchenstuhl hinter mir umfiel. Das war gut so, denn das Geräusch brachte mich auf die Erde zurück. Ich bückte mich, hob den Stuhl auf, stellte ihn bedachtsam an den Tisch zurück, drehte mich und ging in den Flur und von dort auf den Hof, dann durch das Gartentor bis an den Teich. Ich fischte mir einen widerlich braunen Plastikstuhl und stellte ihn auf die Erdaufschüttung, gleich vor das Wasser. Ich hatte dort einen alten Baumstumpf in das Wasser gelegt, der einer Unmenge kleinerer und größerer Wassertiere Schutz und Schatten bot. Dort hockte ich im ausgehenden Licht des Abends und starrte auf eine Gruppe von Taumelkäfern, die in ausgesprochen lustigen Arabesken umherschossen und dabei gelegentlich aufblitzten. Dann war ich erneut sehr wütend und fragte mich, was zum Teufel mich bewogen haben könnte, diesen fast hundert Quadratmeter großen Teich anzulegen. Na sicher, ich hatte geglaubt, Dinah eine Freude zu machen, und plötzlich erstickte mich das Gefühl, dass ihr das alles schrecklich gleichgültig gewesen sein könnte, dass sie zu allem Ja und Amen gesagt hatte, um sich einfach in Ruhe auf ein neues Leben vorzubereiten. Klar, der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Der Gelbrandkäfer tauchte auf und schoss mit seinen mächtigen Beißwerkzeugen unter ein abfaulendes Blatt des großen Rohrkolbens. Wahrscheinlich würde er im Herbst das Wasser verlassen und sich im Erdreich einbuddeln, wohlversorgt in einem dichten Kokon. Weit im Westen färbte das letzte Licht den Himmel in eine schrecklich kitschige Angelegenheit, mein Kater Paul kam herangeschnürt und rieb sich an meinem Bein. »Hallo, Kumpel«, sagte ich, »jetzt kommt eine Scheißzeit, jetzt müssen wir zusammenhalten.« Ich hockte da bis etwa Mitternacht und ich sah sie in den hell erleuchteten Räumen umhergehen, Schränke öffnen und schließen. Dann hörte ich die Haustür zuklacken. Das wiederholte sich viermal. Sie schleppte wohl die Koffer heraus und verstaute sie im Auto. Als sie zu mir kam, war es zwanzig Minuten nach Mitternacht. »Fühlst du dich auch so furchtbar?«, fragte sie. »Ich weiß nicht, wie ich mich fühle.« »Ich will dir bestimmt nicht wehtun.« »Sieh mal einer an.« Sie drehte sich herum und ging wieder. Dann fuhr sie vom Hof. Ich konnte diese Stille nicht mehr aushalten, ich ging in das Haus, hinauf in mein Arbeitszimmer und schaltete die kleine Anlage auf Disc-Betrieb. Ich wollte Sinatra hören, nur Sinatra. Wenn schon Schmalz, dann bitte ein Doppelzentner. Er fing mit New York an und so etwas wie flüchtige Hoffnung tauchte auf. Man muss Krisen umfunktionieren, zu Chancen machen, aber spätestens bei Strangers in the night hatte ich einen überdimensionalen Kloß im Hals und ich dachte, das Atmen könne plötzlich aufhören, einfach so. »And now the end is near …«, röhrte Old Blue Eye. Scheiße! Natürlich hatte ich geglaubt, es reicht für ein Leben. Aber für ein Leben reicht es eben nie. My way verklang in einem Haufen süßlich agierender Streicher. Bei Summerwind überlegte ich, es sei das Beste, die Eifel für immer zu verlassen, aus und vorbei. Es folgte Moon River und irgendwie wurde es triefig und ging mir gewaltig auf den Geist. »What’s now my love?«, fragte Sinatra ziemlich fröhlich und ich musste ihm recht geben. Andere Mütter haben auch schöne Töchter. Endlich konnte ich weinen und meine erste Reaktion war: Sieh an, ich lebe noch! Und weil Paul und Willi neben der Couch hockten, auf der ich bäuchlings lag, sagte ich schniefend: »Also, dass das klar ist, hier ist ab sofort das Paradies für Junggesellen. Weiber sind nur noch erlaubt, wenn sie vorher schriftlich hinterlegen, dass sie spätestens nach drei Tagen und zwei Nächten kommentarlos die Segel streichen!« Ich hörte wieder zu, als Blue Eye Fly me to the moon sang und war zufrieden. Ich hatte gewusst, dass irgendetwas in dieser Art geschehen würde. Als Sinatra bei I’ve got you under my skin angelangt war, hatte ich die Nase von mir selbst voll. Ich rupfte die kleine Anlage aus dem Bücherregal und schmetterte sie gegen die Wand. »Das musste einfach sein«, erklärte ich meinen Katzen, die längst in Panik aus dem Raum gewischt waren. Ich konnte nicht schlafen und saß morgens um fünf Uhr wieder am Teich. Es hatte keinen Tau gegeben, die Luft war lau, der Himmel wolkenlos. Das Licht fiel schräg über das Kirchendach auf das Wasser und ich konnte fast auf den Grund sehen. Die weiße und die rote Seerose hatten ihre ersten Blätter ins Helle geschickt, die Binsen standen ernsthaft wie kleine Soldaten, Schlupfwespen landeten auf dem Moorstreifen, ein Kohlweißling taumelte lebenstrunken über der Wasserfläche. Die blau schimmernde Königslibelle hatte ihren Motor aufgeheizt und ging daran, ihr Revier zu verteidigen, ihre Metallic-Lackierung schimmerte wie eine edle Rüstung. Satchmo erschien auf der Bildfläche, gefolgt von Paul und Willi, die mit weiten Augen im Stil zweier netter Onkels auf den Kleinen achteten und dabei so behutsam auftraten, als könne Satchmo jederzeit wie eine Fata Morgana verschwinden. Satchmo war nicht älter als neun Wochen, eine Handvoll Eifler Scheunenkatze mit zwei fast schwarzen Streifen parallel zum Rückgrat. Sein Köpfchen wirkte viel zu groß und plustrig für den spärlichen, dünnen Hals, von hinten sah das so aus, als würde er gleich vornüberfallen. Paul schien Willi zuzublinzeln, als wolle er sagen: »Schau dir den Dreikäsehoch an!« Dann verschwanden sie in Richtung Kellerfenster, weil Satchmo eben zum Kellerfenster wollte. Auf dieser Strecke war das Gras nicht gemäht und sicher zwei Monate alt. Von Satchmo war absolut nichts mehr zu sehen, nur wenn er eine Fliege oder etwas ähnlich Furchterregendes zu haschen versuchte, kam er bei seinen Bocksprüngen in Sicht, um dann wieder in die grüne Hölle zu tauchen. Ich hatte Satchmo von Sabine und Thomas vom Wagnerhof in Niederehe geschenkt bekommen und mit Sicherheit hatte ich Dinah damit entzücken wollen, was wohl auch gelungen war. Vielleicht würde sie eines Tages fragen, ob sie Satchmo denn mitnehmen könne. Und ich hörte mich antworten: »Selbstverständlich. Satchmo ist dein Kater.« Nur kein Streit bei etwas so lächerlich Zerbrechlichem wie einer Beziehungskiste, nur keine Auseinandersetzung. Lohnt nicht. Ich wurde wieder wütend auf mich selbst. Wieso lässt du dich mit immerhin sechsundvierzig Jährchen eigentlich noch auf Partnerschaft ein? Wieso nimmst du nicht, was dir ins Haus schneit, genießt und schweigst? Ich wusste zugleich, dass dieser Vorwurf geradezu lächerlich ist, denn mein Leben wäre nur ein halbes Leben, könnte ich nicht mit einem anderen Menschen und für ihn leben. Ich bin ein Herdentier und ich bin es gern. Ich hockte da an meinem Teich und überließ mich meinen scheußlichen Fantasien. Ich überlegte, was denn Dinah jetzt wohl machte, und natürlich suchte ich mir in meinem gottverdammten Narzissmus das Übelste aus, was ich mir antun konnte: Dinah,...


Jacques Berndorf - Pseudonym des Journalisten Michael Preute - wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt heute in der Eifel. Er war viele Jahre als Journalist tätig, arbeitete unter anderem für den "stern" und den "Spiegel", bis er sich ganz dem Krimischreiben widmete.

Seine Siggi-Baumeister-Geschichten haben Kultstatus, im Grafit Verlag sind erschienen: Eifel-Blues, Eifel-Gold, Eifel-Filz, Eifel-Schnee, Eifel-Feuer, Eifel-Rallye, Eifel-Jagd, Eifel-Sturm, Eifel-Müll, Eifel-Wasser, Eifel-Liebe, Eifel-Träume und Eifel-Kreuz.

Außerdem lieferbar: Die Raffkes und Der Kurier (beides Politthriller).


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