E-Book, Deutsch, Band 20, 349 Seiten
Reihe: Eifel-Krimi
Berndorf Die Eifel-Connection
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95441-006-4
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Siggi-Baumeister-Krimi
E-Book, Deutsch, Band 20, 349 Seiten
Reihe: Eifel-Krimi
ISBN: 978-3-95441-006-4
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Frühmorgens wird auf einem der sanften Eifelhügel der Mercedes des Unternehmers Norbert Bleckmann gefunden. Hinter dem Steuer sitzt sein Besitzer - tot. Bleckmann war als knallharter Geschäftsmann bekannt, als einer, der sich den Satz "Die Welt ist Krieg, wenn du Rücksicht nimmst, bist du tot" zu eigen gemacht hat. An seinem Ableben gibt es zunächst nichts Verdächtiges, er hat sich allem Anschein nach schlicht überarbeitet. Naturgemäß wittert der Journalist Siggi Baumeister dennoch mehr hinter diesem Szenario, und tatsächlich wird es mysteriös, als sich herausstellt, dass der Beifahrersitz an Bleckmanns Seite penibel gereinigt wurde. Die Staatsanwaltschaft in Trier will trotzdem nicht ermitteln, und Baumeister macht sich gemeinsam mit Emma und Rodenstock auf eigene Faust an die Recherche. Eine erste Spur führt zu Markus Glatt, einem Eifeler Fabrikanten, einem Selfmademan, der es mit Schuhen, Lampen, Madonnenfiguren und einer ansonsten kaum zu entwirrenden Ansammlung verschiedener Geschäftszweige zum größten Arbeitgeber der Region gebracht hat. Glatt ist ein Choleriker, ein Ekel, und Glatt scheint ein Mann zu sein, der zu allem fähig ist. Baumeister entdeckt zudem, dass auch heute, über sechzig Jahre nach Ende des Krieges, der Schmuggel in der grenznahen Eifel eine große Rolle spielt. Während er noch versucht, die zwielichtigen Geschäftsbeziehungen zwischen Bleckmann und Glatt zu entwirren, führt eine neue Spur zu den Prostituierten, die am Ende der A1 bei Blankenheim ihren Geschäften im Wohnmobil nachgehen. Ausgerechnet in einem der fahrbaren Liebesnester wird eine weitere Leiche gefunden ...
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1. Kapitel
Die Sache mit dem Dr. Christian Schaad aus Mainz begann an einem Donnerstag im März, präzise am 3. März, ungefähr um 11 Uhr. Und sie konnte nur beginnen, weil er tot war, sehr tot. Das wirkte zunächst sehr verwirrend und machte hilflos, weil niemand wusste, wer er eigentlich war und wie er in den Lavabruch in Walsdorf gekommen war. Denn Papiere hatte er keine bei sich. Sein sehr junges Gesicht war im Tod von namenlosem Schrecken verzerrt. Das sollte nicht verwundern, denn das Lebensende mit zweiundvierzig Jahren ist nun einmal etwas ungeheuer Brutales. Der Pathologe in der Rechtsmedizin in Mainz bescheinigte Schaad leicht burschikos, er sei alles in allem »fit wie ein Turnschuh« gewesen und von »außerordentlich guter Gesundheit«. Der Gesteinsbrocken aus Basalt, an dem er sich den Schädel eingeschlagen habe, sei unter den Hunderten von Brocken aus dem Deckgestein am Fuß der Steilwand einwandfrei herauszufinden gewesen, schließlich seien sowohl Blut als auch kleinste Knochensplitter und Hirnmasse an dem Stein gefunden worden. Menschliche Einwirkung, so der Wissenschaftler am Stahltisch, sei nahezu auszuschließen, also niemand habe erkennbar Schaad geschubst. Der Mann habe oben an der Kante gestanden, sich wahrscheinlich weit vorgebeugt, dann das Gleichgewicht verloren. Er sei zwölf Meter in die Tiefe gestürzt, niemand könne so etwas überleben. Während des Falls sei er mehrfach auf Vorsprünge geschlagen. Beide Oberschenkel seien gebrochen und sechs Rippen, sowie das linke Handgelenk – von all den massiven Blutergüssen am ganzen Körper nicht zu reden. Emma schäumte vor Entrüstung und kommentierte: »Da würde ich aber genauer hinschauen, das glaube ich nicht! Ein junger Mann fällt nicht so einfach zwölf Meter tief, nicht, wenn er durchtrainiert ist und keinerlei Höhenangst hat. Nicht, wenn er als Wanderer die Eifel in sämtlichen Richtungen durchstreift hat. Schwachsinn, diese Beurteilung. Vollkommener Schwachsinn!« Ich kann formulieren, dass ein leises Unbehagen blieb. Wie auch immer, der Frühling war gekommen, in den Buchenwäldern und unter den Haselnusssträuchern blühten die ersten Buschwindröschen, an den Bachläufen färbten sich die Weiden. Die Erlen und Hartriegelgewächse waren in einen Rotschimmer getaucht, die Natur war aufgewacht und räkelte sich ausgiebig. In meinem Garten schickten die Narzissen und Tulpen die ersten grünen Spitzen ins Licht, und ich war gezwungen, die Ausscheidungen meines Katers Satchmo über die eiskalten Monate Häufchen für Häufchen mit der Schaufel abzuräumen. Während der Schneeplage nämlich war er zur Erledigung seiner Geschäfte jeweils exakt bis zum Schneerand gelaufen, um sofort wieder bibbernd um Einlass zu bitten. Auf diese Weise kam ich an eine perfekte Umrandung meiner Terrasse mit Scheißhaufen. Der wahre Kater von Welt kackt niemals im Schnee, der Arme könnte sich ja verkühlen. Ja – und Schneewittchen tauchte kurz vor Weihnachten auf; eine kleine, rabenschwarze Katze, die aus irgendeinem Grund jeden Morgen beim ersten Licht die Dorfstraße locker hinuntertrudelte, um zielgenau meinen Hof anzulaufen. Der Name Schneewittchen kann möglicherweise irreführend sein, weil ich gar nicht weiß, ob sie ein weibliches Wesen ist, aber sie wirkt so. Anscheinend war sie gekommen, um meinen Kater zu knacken. Und der benahm sich äußerst kindisch, wahrscheinlich wird er jetzt senil. Die Kleine schlüpfte unter dem Gartentor durch und näherte sich heiter. Sie wirkte so, als singe sie ein Kinderlied. Das hielt sie auch durch, als sie an Satchmo vorbeilief, der auf einem der Stühle auf der Terrasse vor sich hindöste. Die Kleine machte erst halt, als sie am Fressnapf angelangt war. Aber sie fraß nicht. Stattdessen drehte sie ihren kleinen Kopf zu Satchmo, gelassen und ruhig, weil ein gut erzogenes Mädchen schließlich weiß, wie man sich zu benehmen hat. Von Satchmo kam keinerlei Einwand. Dann haute sie richtig rein, sie kannte keine Hemmungen. Plötzlich aber verschluckte sie sich und keuchte ein bisschen. Satchmo bewegte sich jetzt, stellte sich auf die Beine, drückte den ganzen Körper in einen Bogen nach oben, leckte sich ausgiebig die rechte Pfote, machte sich sehr schön und eindrucksvoll, hüpfte von seinem Stuhl und schritt majestätisch auf die Kleine zu. Er haute ihr nicht eine runter, er blinzelte nur. Er fauchte nicht, er verteidigte sein Futter nicht, er setzte sich nur schön zurecht und drapierte sich mit dem eigenen Schwanz. Schneewittchen fraß schleunigst weiter, weil man schließlich unter Eifler Scheunenkatzen weiß, dass schnelles Fressen sicheres Fressen ist. Als der Napf leer war, machte sich eine Art peinliches Schweigen breit, wobei ich nicht sicher bin, ob die Kleine leise rülpste. Satchmo jedenfalls bewegte sich träge in mein Wohnzimmer und hüpfte auf seinen Sessel, in dem ein Schaffell liegt. Dort rollte er sich zusammen, um weiterzudösen. Die Kleine folgte ihm, hüpfte aber nicht auf den Sessel, stattdessen auf das benachbarte Sofa. In diesem Moment erhob sich mein Kater zu seiner ganzen bedrohlichen Größe, sprang auf den Teppich, von dort weiter auf das Sofa und prügelte augenblicklich und wild auf die Kleine ein. Kein Wunder: Satchmo darf ausschließlich auf den Sessel mit dem Fell, die Besteigung aller anderen Möbel im Wohnzimmer ist ihm strengstens verboten. Schneewittchen hatte seine Schmerzgrenze überschritten. Seitdem übrigens bleibt sie immer am Fuß des Sessels von Satchmo hocken und legt sich erst dann lang und entspannt auf den Teppich vor seinem Schaffell, wenn er eingeschlafen ist. Ich finde alte Kerle zuweilen schon ziemlich widerlich. Wie auch immer, der März neigte sich seinem Ende zu, Dr. Schaad war seit vierzehn Tagen tot und schon fast vergessen. Nur Emma grummelte immer noch und fauchte voller Zynismus: »Da kommt ein Fachmann für Geologie in die Eifel und stürzt ausgerechnet in einem Steinbruch zu Tode. Es gibt Zeugen, die behaupten, er habe mit dem Gedanken gespielt, beim Landesamt für Geologie und Bergbau in Mainz die Brocken hinzuwerfen. Er war angeblich stinksauer auf seinen Arbeitgeber. Es gibt sogar Zeugen, die bekunden, er habe privat behauptet, dass man der Vulkaneifel die wichtigsten Berge und vulkanischen Erhebungen stehle. Dass die gesamte Landschaft verschwindet, weil ihre Berge verschwinden. Nur, weil bestimmte Leute den Hals nicht voll kriegen. Die Vulkaneifel, so soll er wörtlich formuliert haben, wird ihr Gesicht verlieren. Und niemand kommt auf die naheliegende Idee, es könnte Mord gewesen sein. Und obendrauf noch die Tatsache, dass die Gemeinden von den Unternehmern, die Steine und Vulkanaschen fördern und verkaufen, nicht mehr als sechzig Cent bis einen Euro pro Tonne bekommen. Das ist so beschämend wenig, dass man darüber in Depressionen fallen kann, verdammt noch mal! Und es gibt Andeutungen, dass Ortsbürgermeister und andere einflussreiche Leute dabei um viele Ecken mitverdienen. Ich will damit sagen: Das riecht auch unsauber nach Betrug, Bestechung und Vorteilnahme!« Ich weiß nicht mehr, was ich Emma antwortete, ich weiß nur, dass ich ahnte, sie hatte recht. Und ich hatte ein mieses Gefühl im Bauch. Aber es gab keine Spur zu einem Mord, nichts deutete auf menschliche Einwirkung hin, nichts auf Erpressung, nichts auf dunkle Zahlungen. Die Staatsanwaltschaft in Trier hatte sofort Todesermittlungsbeamte geschickt und beugte sich deren Spruch: Kein Fremdeinwirken feststellbar! Suizid nicht auszuschließen, aber sehr unwahrscheinlich. Bei telefonischen Befragungen im Kollegenkreis mehrfach als »völlig unmöglich« bezeichnet. Es war der letzte Freitag im März, ich hockte nach zwei Scheiben Leberkäse mit zwei Spiegeleiern zum Mittagessen träge und bequem auf meinem Sofa herum, die beiden Katzen schliefen fest, im Haus war es ruhig, und ich war rüde gewillt, die nächsten Tage einfach vor mich hinzugammeln. Niemand wollte etwas von mir, nicht einmal ich selbst. Ich las in der Goebbels-Biografie von Peter Longerich und fragte mich nicht allzu intensiv, ob dieser Goebbels nun ein geistiges Flachwasser gewesen war oder einfach abgrundtief böse – oder beides. Auf jeden Fall ein Ego von geradezu gigantischen Ausmaßen. Dann rauschte der schwarze Volvo von Emma auf den Hof, und ich ahnte sofort Unheil, fand es aber idiotisch, so zu tun, als sei ich nicht da. Außerdem hatte es noch nie Sinn gemacht, ihr auszuweichen, weil sie selbst den schmalsten Notausgang immer sofort entdeckte und verschloss. Sie knutschte mich sehr flüchtig im Hereinkommen und eroberte das erste Sofa im Wohnzimmer. Sie sagte: »Ich muss dir von Rodenstock erzählen, am liebsten hätte ich einen Schnaps, und zwar einen großen Schnaps mit einer Scheibe Schwarzbrot ohne alles, und einen Schluck Leitungswasser.« »Treibst du es jetzt wie die Russen?« Sie strahlte und nickte. Sie hatte ihre Haare von Rot auf...