Bender / Kanitscheider / Mehl | Analogie | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 260 Seiten

Bender / Kanitscheider / Mehl Analogie

als Quelle der Erkenntnis
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-8603-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

als Quelle der Erkenntnis

E-Book, Deutsch, 260 Seiten

ISBN: 978-3-7534-8603-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
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Der Begriff "Analogie" bezeichnet ganz allgemein partielle Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten komplexer Sachverhalte. Lange Zeit konnten viele Phänomene mangels präziser Instrumente nicht gemessen, sondern nur über Analogien erklärt werden. Mit dem Aufschwung der Empirie in der Neuzeit bildete der Analogismus eine treibende Kraft der Wissenschaft und bekam eine Schlüsselfunktion in der Erkenntnistheorie, etwa bei Herder und Kant. Grundsätzlich können Analogien gezogen werden, um vorhandene Strukturen und Prozesse zu beschreiben, zu analysieren oder um Hypothesen zu bilden. Es entwickelte sich ein allen Wissensgebieten und Wissenschaften gemeinsames Grundverständnis von Analogie, das dennoch in der konkreten Anwendung Unterschiede sichtbar werden lässt. Der Begründer der Matreier Gespräche, Otto Koenig, war ein Verfechter des Analogieschlusses, und auch sein Lehrer Konrad Lorenz brach in seiner Nobelpreisrede 1973 eine Lanze für diese Form des Erkenntnisgewinns. Dies war Grund genug, sich des wissenschaftstheoretischen Themas der Analogie in den 43. Matreier Gesprächen anzunehmen. Der einleitende "interdisziplinäre Streifzug" spannt einen weiten historischen Bogen, um mit einer Bestandsaufnahme und Begriffsdefinition den Rahmen für die weiteren elf Beiträge vorzugeben, welche die - nicht unproblematische - Erkenntnisgewinnung mit Hilfe von Analogie aus der Sicht verschiedener Disziplinen beleuchten.

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Vorwort
Der Begriff ‚Analogie‘ (griechisch ??a????a, analogia) bezeichnet ganz allgemein partielle Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten komplexer Sachverhalte. Die Beiträge des vorliegenden Bandes sind unter der Annahme verfasst, dass das im voranstehenden Satz formulierte Grundverständnis von Analogie allen Wissensgebieten und Wissenschaften gemeinsam ist und dennoch in der konkreten Anwendung Unterschiede sichtbar werden. Letztere zeigen sich insbesondere darin, dass in den einzelnen Disziplinen ‚Analogie‘ in unterschiedlicher Weise von anderen Phänomenen abgegrenzt und insoweit unterschiedlich verstanden wird. So ist in der Biologie neben der Analogie die Homologie eine zentrale Kategorie. Beide unterscheiden sich darin voneinander, dass Homologien auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen, Analogien jedoch auf voneinander unabhängigen (Anpassungs-)prozessen unter ähnlichen (Umwelt-)bedingungen beruhen. Diese Unterscheidung von Analogie und Homologie lässt sich indes in anderen Wissensgebieten und Wissenschaften nicht durchgehend oder gar nicht treffen. In ihnen ist hingegen die Differenzierung von Analogie und Metapher wesentlich. Zu fragen ist daher, ob solche voneinander bereits auf den ersten Blick unterschiedlichen Abgrenzungskategorien auf Analogiebegriffe hinweisen, die von Disziplin zu Disziplin grundverschieden oder zwar nicht identisch, aber doch miteinander kompatibel beziehungsweise, um es auf den Punkt zu bringen, zueinander analog sind. Die Beiträge des vorliegenden Bandes fußen auf der Überzeugung, dass letzteres auf der Grundlage des eingangs formulierten gemeinsamen Grundverständnisses von Analogie der Fall ist. In der Antike entzogen sich viele Naturphänomene mangels präziser Instrumente einer direkten Messung und Beobachtung. Theorien zur Erklärung dieser Phänomene konnten zunächst nur durch Analogien gebildet werden. „Wesentlich […] ist die Überzeugung, daß die Entsprechungen natürliche, im Wesen der Dinge selbst begründete sind und daher entdeckt werden können“ (Sedlmayr 1955). Im Mittelalter war über lange Zeit die Religion die einzig zugelassene Grundlage von Analogieschlüssen. Mit dem Aufschwung der Empirie in der Neuzeit bildete der Analogismus dann eine treibende Kraft der Wissenschaft und bekam eine Schlüsselfunktion in der Erkenntnistheorie, etwa bei Herder und Kant. Analoge Merkmale verschiedener Kulturen sind beispielsweise der Feldbau und die Schrift, die in der menschlichen Entwicklung mehrfach in voneinander isolierten Regionen unabhängig entstanden. Die Entwicklung der Atommodelle und des Periodensystems, der Evolutionstheorie und der Verhaltensforschung, die Typologie in der Kunst- und Architektur(geschichte) sind nur einige Beispiele dafür, wie Analogien Wissenschaftler auf die richtige Spur bringen können. Dem gegenüber stehen zahllose Analogieschlüsse aus Vergangenheit und Gegenwart, die schlichtweg falsch oder unzulässig sind und den weiteren Erkenntnisgewinn behindern. „Das vergleichende Verfahren hat nun einmal eine wechselnde Anzahl von Unsicherheitsfaktoren aufzuweisen, es kann nur zu wechselnden Wahrscheinlichkeitsgraden der Erkenntnis führen“ (Wagner 1955). Und doch ist das Wiedererkennen von Mustern und Mechanismen eine der wesentlichen kognitiven Leistungen des Gehirns, um sich in der Welt zurechtzufinden. Dies betrifft nicht nur Muster des gleichen Systems, zum Beispiel Gesichter in einer Menge, sondern wird auch auf andere Systeme übertragen: So erkennen wir Gesichter, Tiere und andere Formen in Wolken, Wellen, Bäumen usw. Das Gehirn verarbeitet neben visuellen Reizen Geräusche, Musik, Sprache, soziale Beziehungen und viele andere Informationen in gleicher Weise. Diese Fähigkeit macht sich nicht zuletzt der Humor zunutze, dessen Pointen oft auf falschen Analogieschlüssen beruhen. Grundsätzlich können Analogien gezogen werden, um vorhandene Strukturen und Prozesse zu beschreiben, zu analysieren oder um Hypothesen zu bilden. Streng genommen erbringt der Analogismus jedoch keinen Beweis – er besteht im Schluss auf die ungewissen Teile eines nicht vollständig bekannten Systems aus der Kenntnis eines ähnlichen, aber vollständig bekannten. Als Instrument zur Prognose von komplexen Systemen ist er daher meist auch nicht geeignet. Der Begründer der Matreier Gespräche, Otto Koenig, war stets ein Verfechter des Analogieschlusses, und auch sein Lehrer Konrad Lorenz brach in seiner Nobelpreisrede (1973, publiziert 1974) eine Lanze für diese Form des Erkenntnisgewinns und untersuchte sie im Zusammenhang mit seinem eigenen naturwissenschaftlichen Denken und den kulturethologischen Arbeiten Otto Koenigs. Dies war Grund genug, sich dieses wissenschaftstheoretischen Themas in den 43. Matreier Gesprächen anzunehmen. Der vorliegende Ergebnisband besitzt eine deutlich komplexere und langwierigere Entstehungsgeschichte als die anderen Matreier Tagungsbände der letzten zehn Jahre. Den Gesprächen 2017 lag nicht – wie in den anderen Jahren – ein Gegenstand zugrunde, an dem sich Ottos Koenigs Kulturethologie je nach Fach mehr oder weniger gut konkretisieren lässt, sondern deren theoretisch-methodologischer Kern, die Analogie. Daraus folgte für den Tagungsband ein besonders hoher Anspruch: Die – nicht unproblematische – Erkenntnisgewinnung mit Hilfe von Analogie soll klar erkennbar im Mittelpunkt aller Beiträge stehen und der Analogiebegriff selbst in allen Beiträgen auf einer gemeinsamen Grundlage beruhen. Zu diesem Zweck wurde den Referenten zweierlei Hilfestellung für die Abfassung ihrer schriftlichen Beiträge an die Hand gegeben: Einerseits die von Hans Winkler unmittelbar im Anschluss an die Gespräche verfasste Einleitung als eine begriffstheoretische und begriffshistorische Abhandlung über Analogie und andererseits kurzgefasste Hinweise insbesondere zur Verwendung tragender Begriffe (‚Analogie‘, ‚Homologie‘, ‚Metapher‘ usw.); zur Unterscheidung zwischen Analogie als (1) gleichartiger Eigenschaft zweier oder mehrerer Gegenstände, (2) den Gegenständen der betreffenden Analogie und (3) den Bereichen, denen diese Gegenstände angehören; zur Unterscheidung zwischen Analogie als (1) Erkenntnisziel und (2) Erkenntnisgewinnungsmethode oder Werkzeug; und zur Einbindung des jeweiligen Beitrages in den Gesamtzusammenhang der Tagungsergebnisse. Das Herausgeberteam war sich freilich dessen bewusst, dass die Hinweise in unterschiedlichem Maße für die Nachbearbeitung der einzelnen Referate passten, ihnen vollständig zu folgen dementsprechend schwierig und nicht immer möglich war. Wir hoffen dennoch im Namen aller Beitragenden, der in Einleitung und Hinweisen kondensierten Idealvorstellung eines im Grundsätzlichen einheitlichen Bandes möglichst nahe gekommen zu sein. Für den vorliegenden Band wurden die Beiträge in drei Gruppen eingeteilt und dabei zunächst die wissenschaftshistorischen und kognitiven Grundlagen der Analogie erörtert. Darauf folgend wird die Bedeutung von Analogien in Kunst und Kultur exemplarisch beleuchtet. Der Band schließt mit Beispielen für Analogie als wissenschaftliche Methode. Im einleitenden Beitrag ‚Analogie – ein interdisziplinärer Streifzug‘ spannt Hans Winkler einen weiten historischen Bogen, um mit einer Bestandsaufnahme und Begriffsdefinition den Rahmen für die weiteren Beiträge vorzugeben. Dafür wird eine multidisziplinäre Betrachtungsweise herangezogen, die sprachwissenschaftliche, wissenschaftshistorische, philosophische, psychologische und naturwissenschaftliche Aspekte einschließt sowie Vorteile und Nachteile von Analogieschlüssen diskutiert. In dem Beitrag ‚Analogie – ihre vielfältige Anwendung bei den antiken Griechen‘ von Andreas Mehl wird die Analogie als Werkzeug des Erkenntnisgewinns in der Antike bearbeitet. Dies ist von größter Bedeutung, da sich die europäischen Denkschulen auf diese Wurzeln berufen. Es folgen zwei Beiträge, die sich mit der Bedeutung von Analogien in der Sprache und somit auch in unseren Denkmustern befassen. In dem Beitrag ‚‚Sozusagen‘ – die Weisheit eines zur Floskel gewordenen Adverbs, die grundsätzliche Unschärfe empirischer Begriffe und die Bedeutung von Analogieschlüssen‘ spürt Max Liedtke anhand des Begriffs ‚sozusagen‘ der Funktion von Analogien für unser Denken und unsere Sprache nach. Er argumentiert schlüssig, dass sie immer dann notwendige Brücken- und Behelfsfunktion haben, wenn weiße Flächen auf unserer Weltkarte des Wissens erforscht werden und es noch keine treffenden Formulierungen gibt. Eine weitere Funktion ergänzt Dagmar Schmauks in ihrem Beitrag ‚Die grüne Lunge im Herzen der Stadt. Der menschliche Körper als Metaphernspender‘. Sie zeigt damit auf, dass Analogien aus der Welt des Organischen helfen können, komplexe Zusammenhänge einfach zu kommunizieren und den Zuhörer beziehungsweise Leser dort abzuholen, wo er sich befindet. Dem schließt sich der Beitrag von Hans Winkler an, der in seinen Überlegungen von einer anderen prominenten...



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