Buch, Deutsch, Band 28, 422 Seiten, LEINEN, Format (B × H): 145 mm x 215 mm, Gewicht: 631 g
Reihe: Das Abendland. Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens
Geschichte eines literarischen Paradoxons
Buch, Deutsch, Band 28, 422 Seiten, LEINEN, Format (B × H): 145 mm x 215 mm, Gewicht: 631 g
Reihe: Das Abendland. Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens
ISBN: 978-3-465-03061-4
Verlag: Vittorio Klostermann
Der Autor, Ancien Elève de l´École Normale Supérieure, Docteur des lettres (Sorbonne), beschloß seine Universitätslaufbahn als Professeur honoraire der Faculté des lettres in Strasbourg und Ordinarius für Neuere Deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität München. Die Vertrautheit des Komparatisten mit anderen europäischen Literaturen gab ihm die Möglichkeit, gerade die Paradoxie des Phänomens von seinen Wurzeln her und in der historischen Entfaltung aufzuzeigen. Die Provokation bestand im 19. Jahrhundert darin, daß die bislang verschrienen Verfallsepochen - in primis die römische - als Quell absoluter Schönheit entdeckt wurden. Tradierte historische und ästhetische Topoi erfuhren einen grundlegenden Bedeutungswandel, oft in direkter Umkehrung der bisherigen Wertungen - so hat Flaubert Nero als den größten Dichter gepriesen, und Heine oder Mallarmé verklärten die "Teufelin" Herodias-Salome. Was in der Natur als gefährlich und häßlich gemieden worden war, Orte organischer Dekomposition wie etwa Sümpfe, reizte die Poeten zur Entwicklung einer Ästhetik des Verfalls, einer Dialektik von Schönheit und Morbidität. So wird das Treibhaus, wo hybride Natur und Künstlichkeit vereint sind, zur beliebten Metapher, und die "belles fièvres" aus den Lagunen Venedigs sorgen u.a bei D´Annunzio und Thomas Mann für körperliche wie seelische Verwirrung.
Doch folgte der Verklärung der Verfallssymptome unvermeidlich die ironische und parodistische Behandlung der nur kurze Zeit elitären, alsbald schon modisch trivialisierten Themen. Die schärfste Ablehnung der Verklärung des Verfalls ging dann jedoch mit medizinischen und politischen Implikationen einher. Die décadence geriet in die Nähe der zu bekämpfenden dégénérescence, der "Entartung" Nordaus und der Romanciers, die wie C. Mendès, Péladan, Rachilde, Lorrain usw. sich auf die Behandlung erotisch-pathologischer Fälle spezialisierten. Während aber um 1880 décadence sowie décadent zu Modewörtern wurden und auch außerhalb Frankreichs Anklang fanden, kehrten sich wichtige Autoren von der mit ihnen bezeichneten Tendenz ab. Huysmans, Bourget, Barrès fanden zurück zu den traditionellen katholisch-patriotischen Werten, während sich die Ausländer, die eine Zeitlang mit der Décadence kokettiert hatten - Wilde wie D´Annunzio, Nietzsche wie Hofmannsthal und Altenberg - jeder auf seine Weise um deren "Überwindung" bemühten. Ihre endgültige Verdammung erfuhr die décadence durch Leo Tolstoi.
Zielgruppe
Literaturwissenschaftler, Romanisten, Germanisten, Kulturwissenschaftler, Kunsthistoriker
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Deutsche Literatur
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Rezeption, literarische Einflüsse und Beziehungen
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtliche Themen Kultur- und Ideengeschichte
- Interdisziplinäres Wissenschaften Wissenschaft und Gesellschaft | Kulturwissenschaften Kulturwissenschaften
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Romanische Literaturen Französische Literatur
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Literatursoziologie, Gender Studies
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Vergleichende Literaturwissenschaft