Bachmayer | Mathe ist übertrieben hässlich, Frau Bachmayer | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Bachmayer Mathe ist übertrieben hässlich, Frau Bachmayer

Eine Lehrerin zwischen den Stühlen
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8437-1299-6
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Lehrerin zwischen den Stühlen

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1299-6
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



'Was wollt ihr denn mal werden?' - 'Hartz IV. Vom Amt lebt sich bestens! Ich sprech da aus Erfahrung', sagt Victor und grinst frech. Der Rest der Klasse ist sofort angestachelt: 'Was geben Sie Hausaufgaben auf? Bringt doch nix.' - 'Und wieso ham wir freitags in den letzten beiden Stunden noch Unterricht? Lassma bisschen mit dem Handy daddeln und chillen.' Ich dachte, dass ist eine Realschulklasse, dabei studieren die jetzt schon auf Hartz IV. Frau Bachmayer erzählt mit einem Faible für Situationskomik von verstaubten Kollegen, WTF-Momenten im Klassenzimmer und planlosen Eltern. Wahre Geschichten aus dem völlig abgedrehten Schulalltag. »Was wollt ihr denn mal werden?« - »Hartz IV. Vom Amt lebt sich bestens! Ich sprech da aus Erfahrung«, sagt Victor und grinst frech. Der Rest der Klasse ist sofort angestachelt: »Was geben Sie Hausaufgaben auf? Bringt doch nix.« - »Und wieso ham wir freitags in den letzten beiden Stunden noch Unterricht? Lassma bisschen mit dem Handy daddeln und chillen.« Ich dachte, das ist eine Realschulklasse, dabei studieren die jetzt schon auf Hartz IV. Frau Bachmayer erzählt mit einem Faible für Situationskomik von verstaubten Kollegen, WTF-Momenten im Klassenzimmer und planlosen Eltern. Wahre Geschichten aus dem völlig abgedrehten Schulalltag.

Amelie Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job - aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen auch mal richtig auf den Keks. Dann lenkt sie sich mit Zumba, Wochenendtrips mit ihren Mädels und dem Smartphone ab. Seit Anfang 2015 bloggt sie bei bild.de über ihren Schulalltag.
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Der Apfel fällt nicht weit beim Elternabend


Kaum hat die Schule wieder begonnen, habe ich das Gefühl, die sechs Wochen Sommerferien seien schon ewig her, und ich fiebere, so wie viele meiner anderen Kollegen auch, bereits den Herbstferien entgegen. Mit Ferienvisionen rette ich mich durch stressige Schulalltage: Ich am Strand mit einer eiskalten Margarita in der Hand oder am Pool mit lauter knackigen Typen, die mich mit ihren muskulösen Oberkörpern zu beeindrucken versuchen. Doch leider lässt mir der Unterricht viel zu selten Raum, mich den süßen Verlockungen, wenn auch nur in der Fantasie, hinzugeben.

Apropos knackig: Leider hat unser Kollegium diesbezüglich nur recht wenig zu bieten. Der einzig ansehnliche Typ sitzt am Nebentisch: Andreas. Groß, dunkelhaarig, durchtrainiert – aber leider mit einem silbernen Ring am Finger. Und somit absolut tabu. Auf jeden Fall lässt er das deutlich durchblicken, indem er bei jeder Gelegenheit von seiner Frau erzählt und stets im »Wir« antwortet.

»Hey, Andi, hattest du ein schönes Wochenende?«

»Ja, wir hatten ein ganz entspanntes Wochenende!«

Wen interessiert bitte schön wir? Ich hab dich doch gefragt, du Vollpfosten!

Neben den Ferien versüßen Steffie und ich uns den Schulalltag auch gern mit ein paar Lästereien. Vor allem unsere Kollegen bekommen dabei ihr Fett weg. Bleibt alles unter uns, deswegen dürfen wir das. Gerade in letzter Zeit sind zwei unserer Kollegen ganz besonders in unseren Lästermittelpunkt geraten. Nämlich Lara und Nils. Beide verheiratet mit Kindern. Nicht miteinander, das wäre ja nichts Besonderes. Mit unterschiedlichen Partnern. Und seit geraumer Zeit glucken die beiden auffällig zusammen rum. Da wir nicht die einzigen sind, die ihnen eine Affäre unterstellen, werden sie nicht müde, ständig zu betonen, dass sie ja nur gute Freunde seien. Gute Freunde, die immer zusammen zur Schule fahren und auf Klassenfahrt gehen, die Pausenaufsichten gemeinsam verbringen und auf dem Abschlussball zusammen erscheinen wollten, dort aber komischerweise nie angekommen sind. Angeblich hatten sie sich verfahren.

Und so stecken unsere Köpfe auch heute wieder tuschelnd zusammen, als Birte meine Schulter antippt.

»Amelie, ich hab doch morgen meinen Elternabend in der 5a. Es wäre nett, wenn du dich als Englischfachlehrerin den Eltern vorstellen könntest.«

»Muss das sein?«, will ich ihr spontan antworten, behalte es aber lieber für mich. Auf Elternabende habe ich prinzipiell keinen Bock.

»Natürlich, ist doch kein Problem!«, säusele ich stattdessen.

Und da mir leider so spontan keine Ausrede eingefallen ist, warum ich denn nicht kann, sitze ich nun auf dem Elternabend der 5a. Birte beginnt mit einer kurzen Vorstellungsrede. Schon nach kurzer Zeit wird klar, welche Eltern besonders viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Eine Mutter sticht besonders hervor.

Jeder zweite Satz aus ihrem Mund: »Also an der Grundschule meiner Tochter haben wir das aber so gemacht.«

Sie ist es auch, die die auf Elternabenden übliche Diskussion über die schweren Schultaschen der Schüler anleiert. Und keiner von Birtes Vorschlägen stellt sie zufrieden. Innerlich zähle ich bereits bis zehn, da wir nach einer halbstündigen Diskussion noch nicht einmal beim ersten Programmpunkt angekommen sind.

Schließlich einigen sich alle darauf, Fächer für die Bücher der Kinder anzulegen (war in der Grundschule auch so).

Nach und nach kämpft sich Birte durch jeden Programmpunkt. Beim Thema Wandertag überbieten sich die Helikoptereltern gegenseitig.

»Mit dem Ort bin ich nicht einverstanden. Da muss was mit mehr Kultur her!«

»Wie stellen Sie sicher, dass meinem Sohn dort nichts passiert?«

»Meine Tochter muss im Bus vorne sitzen, sonst wird ihr schlecht.«

Die Grundschulmutti will ihre Tochter erst gar nicht alleine fahren lassen, das (Jetzt kommt's!) habe sie in der Grundschule auch immer so gemacht.

»Wir sind aber nicht mehr in der Grundschule!« Dieser Satz brennt mir so sehr auf der Zunge, dass ich kurz davor bin, ihn laut herauszuschreien. Stattdessen atme ich tief durch. Birte hat nun mein vollstes Mitgefühl. Und schon ist eine weitere typische Fünftklässler-Elternabend-Diskussion ausgebrochen. Nämlich: Mein Kind muss im Unterricht ganz vorne sitzen. Begründung:

– Bescheinigte Hörschwäche

– ADHS

– Hochbegabung

– Brille

– Lese-Rechtschreib-Schwäche

– Dyskalkulieoder

eine andere Ausrede, die sich die Eltern haben einfallen lassen.

Nun stehen wir vor dem großen Problem, dass 20 von 25 Schülern unbedingt vorne sitzen müssen.

Erst beim ungeliebten Programmpunkt Wahlen zum Elternvertreter wird es endlich mal mucksmäuschenstill, und alle sehen betreten zu Boden. Nach nicht enden wollenden Minuten zeigt plötzlich die Grundschulmutti auf: »Ich mach das doch gerne. Hab ich in der Grundschule auch schon gemacht.«

Ich schicke ein leises Stoßgebet zum Himmel.

Endlich bin ich an der Reihe, mich vorzustellen.

»Sind Sie etwa die Lehrerin, bei der unsere Kinder ihr Handy im Unterricht benutzen durften?«

Anklagend blicken mich alle Augenpaare an.

Warum können die Gören zu Hause nicht einfach die Schnauze halten? Mittlerweile arbeite ich in dieser Klasse sogar mit Psychotricks. Erpressung ist einer davon. Die Drohung »Wenn du nicht sofort aufhörst, rufe ich jetzt gleich deine Mutter an« ist mit bereits gezücktem Handy in der Hand durchaus wirksam. Zum Glück haben die Schüler das nicht ausgeplaudert. Schließlich ist auch das pädagogisch gesehen nicht vom Feinsten. Von nun an werden sie als Strafe das Handy nicht mehr benutzen dürfen.

Auch nicht, wenn sie eher mit ihren Aufgaben fertig sind. Dann muss ich mir wohl andere Maßnahmen der qualitativen Differenzierung überlegen.

Doch auf Rechtfertigung habe ich heute auch keinen Bock. Also gehe ich voll in die Offensive.

»Zu Recherchezwecken ist die Nutzung des Handys durchaus sinnvoll«, beginne ich. »Ich wollte das sowieso heute ansprechen, da es vor allem für den Englischunterricht eine gute App zum Vokabellernen gibt. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich das Handy gern mehr für solche Zwecke nutzen. Damit Ihre Kinder auch mal etwas Sinnvolles damit machen.«

Gib den Eltern das Gefühl, sie haben Mitbestimmungsrecht, und du hast gewonnen. Allerdings nicht zu viel, sonst herrscht Anarchie. Birte klappt ihren Mund auf, macht ihn jedoch schnell wieder zu.

»Handys sind aber doch im Unterricht verboten?«, entnehme ich lediglich ihrem fragenden Blick. Ich schaue entschlossen zurück. Muss man sich an jedes Verbot halten? Ich habe auch nichts gegen das Kaugummikauen, solange mir die Schüler nicht schmatzend ihre gelben Zähne zeigen. Bei einigen führt das Kaugummi dazu, dass ich mich überhaupt zu ihnen hinunterbeugen kann, ohne die ganze Zeit die Luft anhalten zu müssen.

»Die Idee finde ich gar nicht schlecht!«, meldet sich ein Vater.

Bevor eine neue Diskussion losbricht, nutze ich die Gunst der Stunde.

»Gut, dann stimmen wir ab! Wer ist dagegen?«

Fünf verhaltene Finger. Entschieden. Und wer hier gepetzt hat, werde ich noch rausfinden.

Beim Programmpunkt Verschiedenes geht es noch mal rund: Der Mathelehrer könne nicht erklären, die Deutschlehrerin schreibe zu schwere Arbeiten und diese fielen deshalb schlecht aus (zu Hause und bei der Nachhilfe habe das Kind noch alles gekonnt), die Caféteria verkaufe ungesundes Essen, der Klassenraum sei zu ungemütlich. Nach drei Stunden beendet Birte schließlich den Elternabend. Viel zu lang. In der Hinsicht muss sie noch Einiges lernen.

Bevor ich mich aus dem Staub machen kann, steuert die neue Elternvertreterin zielstrebig auf mich zu.

»Frau Bachmayer, ich habe da noch ein Anliegen!«

O nein, was kommt denn jetzt noch?, denke ich genervt.

„Könnten Sie bitte darauf achten, dass meine Tochter in Ihrem Unterricht genug gefordert wird? Sie ist nämlich hochbegabt und hat sich bis jetzt in Ihrem Unterricht ein wenig gelangweilt.«

Ich starre sie mit offenem Mund an. Henrieke hochbegabt? Ich muss mich beherrschen, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. An der Miene der Mutter erkenne ich jedoch, dass es ihr voller Ernst ist.

»Sie wissen schon«, setzt diese fort, »gestalten Sie Ihren Unterricht interessanter, und sorgen Sie dafür, dass meine Tochter ausreichend gefordert wird.«

Scheinbar wertet sie meine Sprachlosigkeit als Zustimmung, denn sie setzt gleich wieder an: »Eins noch: Als sie meine Tochter heute ermahnt haben, leise zu sein, hat sie gar nicht geredet. Das war nämlich Marie, die hat geschwatzt.«

Ich bin immer noch sprachlos. Da ich mich keine Sekunde länger mit dieser Frau abgeben möchte, nicke ich nur und blicke zu Birte rüber. Die sieht aus, als hätte sie gerade einen Triathlon hinter sich gebracht.

»Komm mit«, ich hake mich bei ihr unter, »lass uns noch auf ein Glas Wein ins Charly's gehen!«

Im Charly's treffen wir uns vor allem nach Elternabenden, Elternsprechtagen oder Dienstbesprechungen, um den Abend noch in gemütlicher Runde ausklingen zu lassen. Schenkt man den Erzählungen unserer älteren Kollegen Glauben, wurde das vor zwanzig Jahren traditionell mit einem Schnaps schon zu Beginn des Wochenendes, also mit dem letztem Gong gemacht, und zwar mitten im Lehrerzimmer.

Da diese Zeiten vorbei sind, bietet das Charly's eine gute Alternative zum Lehrerzimmer. Dort angekommen begrüßen uns Steffie, Andreas,...


Bachmayer, Amelie
Amelie Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job – aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen auch mal richtig auf den Keks. Dann lenkt sie sich mit Zumba, Wochenendtrips mit ihren Mädels und dem Smartphone ab. Seit Anfang 2015 bloggt sie bei bild.de über ihren Schulalltag.

Amelie Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job – aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen auch mal richtig auf den Keks. Dann lenkt sie sich mit Zumba, Wochenendtrips mit ihren Mädels und dem Smartphone ab. Seit Anfang 2015 bloggt sie bei bild.de über ihren Schulalltag.



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