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E-Book

E-Book, Deutsch, 512 Seiten

Awad Rouge

Roman - Der neue Roman der Kultautorin (»Bunny«) – Awad ist die »literarische Erbin« Margaret Atwoods (NYT Style Magazine)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-641-32991-4
Verlag: btb
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman - Der neue Roman der Kultautorin (»Bunny«) – Awad ist die »literarische Erbin« Margaret Atwoods (NYT Style Magazine)

E-Book, Deutsch, 512 Seiten

ISBN: 978-3-641-32991-4
Verlag: btb
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Awad hat sich als eine der innovativsten und originellsten Autorinnen erwiesen, die es gibt.« Los Angeles Times
Für die perfekte Haut tun Mirabelle und ihre Mutter Noelle alles: Skincare-Videos, Kollagen-Smoothies und Dreifach-Peelings bestimmen ihren Tag, in ihren Wohnungen türmen sich die Tiegel und Fläschchen. Doch würde die Mutter für die Schönheit sterben? Nach ihrem mysteriösen Unfalltod sucht Mirabelle in Kalifornien nach Antworten und stößt auf La Maison de Méduse, das sektenartige Luxus-Spa, in dem ihre Mutter Stammkundin war. Nach und nach gerät auch sie immer tiefer in die Fänge der Betreiber - eine surreale Reise in die Abgründe des Schönheitskults und zum Kern ihrer Beziehung zu Noelle beginnt ... Mit schwarzem Humor zeigt die Bunny-Kultautorin, wie viel Neid, Eitelkeit und Unsicherheit unter einer dicken Schicht Rouge lauern können.

Mona Awad, geboren in Montreal, studierte Kreatives Schreiben und Englische Literatur. Sie ist die Autorin von Bunny und drei weiteren Romanen, zuletzt erschien ihr Roman Rouge. Bunny entwickelte sich zur TikTok-Sensation und wurde u.a. für den New England Book Award und einen Goodreads Choice Award nominiert. Für ihren ersten Roman, 13 Ways of Looking at a Fat Girl, erhielt Mona Awad den Colorado Book Award und den Amazon Canada First Novel Award. In einem Artikel im New York Times Style Magazine bezeichnete Margaret Atwood sie als ihre literarische Erbin. Awad lebt in Boston und unterrichtet an der Syracuse University Kreatives Schreiben.

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Prolog
Abends hat sie dir immer Märchen erzählt, weißt du noch? Es war einmal … ein verträumtes, trauriges kleines Mädchen. Jeden Abend lagst du in deinem Prinzessinnenbett, zwischen all deinen Puppen mit den gläsernen Augen, und wartetest auf sie wie auf die Erfüllung eines Wunsches. Tick-tick strichen die Sekunden auf deiner Schneewittchen-Uhr vorbei. Der Mond erhob sich weißlich aus schwarzen Wolken. Und dann … »Klopfklopf«, flüsterte Mutter von der Zimmertür. »Herein«, riefst du mit deiner Kinderstimme. Und sie kam herein und setzte sich wie eine Königin zu dir auf die Bettkante, nicht wahr? Eine Zigarette zwischen den weißen Fingern, ihren Duft nach Veilchen und Rauch verströmend. »Also«, sagte Mutter, »welche Geschichte möchtest du heute hören, Belle?« Belle. Französisch für »schön«. So nannte sie dich, obwohl du so ein hässliches kleines Ding warst. Ganz anders als Mutter. Sie war hellhäutig, schlank und geschmeidig, erinnerst du dich? Wie eine Figur aus dem Märchen. Wie die Puppen in deinem Zimmer. Mutter hatte dir die Puppen gekauft. Und Mutter hatte sie auch in jeder Ecke und jedem Winkel deines Zimmers platziert, sodass du, wohin du auch blicktest, überall ihre glänzenden Haare und ihre blasse Haut sahst. Und ihre roten Lippen, die dich immer irgendwie anzulächeln schienen, als hätten sie ein Geheimnis vor dir. »Nun, Belle?« Sie lächelte genau wie die Puppen, erinnerst du dich? Sie trug den Morgenmantel aus roter Seide, den du am liebsten mochtest. Wenn sie nicht zu Hause war, probiertest du ihn manchmal an und atmetest ihren Duft nach Veilchen und Rauch ein. Sie hatte auch dazu passende rote Schuhe, mit Absatz und roten Federn an der Spitze – deine Lieblingsschuhe. Auch die hast du anprobiert, aber das ging nicht gut aus, nicht wahr? Zwei wacklige Schritte, dann lagst du am Boden. »Welche Geschichte?«, fragte Mutter. Langsam machte deine Verträumtheit sie ungeduldig. Weil du sie anstarrtest wie eine kleine Psychopathin. »Die mit der schönen Jungfrau«, sagtest du. Schon wieder? Und ein wenig sah es aus, als würde sie dich bedauern, als wärst du verflucht. Auf jeden Fall. Es gab schließlich auch andere Geschichten, nicht wahr? Zum Beispiel die vom Hasen und der Schildkröte. Oder die vom Wolf und den drei kleinen Schweinchen. Eine Geschichte von einem Mädchen, das sich in eine Robbe verwandelt, die war wirklich niedlich. Aber die anderen Geschichten waren dir schon immer scheißegal gewesen. Du hattest dich längst entschieden, nicht wahr? Du nicktest. »Die schöne Jungfrau«, sagtest du. »Schon wieder.« Und Mutter seufzte. Oder lächelte sie? Sie brauchte das Buch mit dem oft gebrochenen Rücken gar nicht erst aus dem Regal zu holen. Dank dir kannte sie die Geschichte in- und auswendig. »Es war einmal in einem fernen Land«, begann sie, »da lebte eine wunderschöne Jungfrau in einem Schloss am Meer.« So fing es jedes Mal an. Auch du seufztest. Ein fernes Land. Eine schöne Jungfrau. Ein Schloss, das Meer. Du machtest die Augen zu, um alles genau vor dir sehen zu können. »Wie schön?«, fragtest du Mutter, die Augen fest geschlossen. »So unglaublich schön«, sagte Mutter, »dass alle Menschen nah und fern sie bewunderten.« Sie klang gelangweilt. Sie kannte diese Ausschmückung längst. Du wolltest sie jeden Abend hören, nicht wahr? »Ja.« Du nicktest. »Nah und fern.« Natürlich taten sie das. »Nah und fern«, bestätigte Mutter. »Und viele beneideten sie auch«, fügte sie an jenem Abend mit gesenkter Stimme hinzu, dem Abend, an dem alles begann. Dein persönliches Es-war-einmal. Erinnerst du dich an den Wolfsmond vor dem Fenster? An die beiden grauen Spinnen, die an deinen rosa Wänden in ihren Netzen baumelten? Die rothaarige Puppe mit dem Sprung im Gesicht, die auf ihrem Satinkissen saß und dich anstarrte? »Beneideten?«, fragtest du und schlugst die Augen auf. Mutter war vom Bett aufgestanden. Jetzt saß sie an dem kleinen weißen Frisiertisch mit dem dreiteiligen Spiegel, den sie dir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Ihr selbst hatte dieses Geschenk solche Freude bereitet, dass du so tatst, als würdest du dich ebenfalls freuen. Aber du mochtest den Spiegel nicht. Dir reichte es völlig, dich einmal zu sehen, dreimal war wirklich nicht nötig. Schlimm genug, dass du überhaupt die Augen öffnen und dich selbst ansehen musstest. Doch Mutter liebte den Spiegel. In diesem Moment betrachtete sie ihr dreifaches Ebenbild und fuhr sich mit deiner langstieligen Bürste durch die Haare. Die Bürste war, passend zu den Zierleisten des Frisiertisches, goldfarben lackiert und auf der Rückseite mit bunten Plastikstückchen besetzt, die für dich Edelsteine waren. Die Borsten waren für deine dicken, spröden Haare völlig unbrauchbar. Doch für die deiner Mutter eigneten sie sich perfekt. Mit langen, langsamen Strichen bürstete sie sich die dunkelroten Haare. »Was ist Neid?«, fragtest du sie. »Neid ist, wenn man jemanden dafür hasst, dass er oder sie etwas hat, das man selbst will«, sagte sie schlicht. Du schautest ihr dreifaches Spiegelbild an. »Wie hübsch zu sein«, sagtest du. »Ganz genau.« Sie gähnte. Kurz sahst du ihre rote Kehle. »Wie hübsch zu sein. Oder jung«, fügte sie hinzu und warf dir im Spiegel einen Blick zu. Die glänzenden roten Haare flossen über ihre weiße Schulter. Der rote Morgenrock betonte ihre strahlend blauen Augen. Er war ein Geschenk aus dem fernen Land gewesen, aus dem dein Vater stammte. Er hatte ihr diese Morgenröcke in vielen leuchtenden Farben mitgebracht, und alle waren sie golddurchwirkt. Du kannst dich kaum an deinen Vater erinnern, aber du hast Fotos gesehen, und dabei musstest du an die Oger aus den Märchenbüchern denken. Stämmig und dunkelhäutig war er, genau wie du. Du sahst deine Augen in seinen Augen, deine Haut in seiner Haut. Eine Zeit lang fürchtetest du sogar, selbst zur Hälfte Oger zu sein, weißt du noch? Mutter war in hysterisches Gelächter ausgebrochen, als du ihr davon erzähltest. Sie hatte den Kopf in den Nacken geworfen und gelacht, bis ihr die Tränen kamen. Und dir kamen ebenfalls die Tränen. Es stimmte also, du warst wirklich zur Hälfte Oger, wie du befürchtet hattest. Hör auf, sagte sie, und dann schlug sie dir mit der flachen Hand ins Gesicht. Sofort brannten neue Tränen in deinen Augen. Hör mir zu, zischte sie. Hör mir gut zu. Und dann versicherte sie dir in ihrer allersanftesten Stimme, dass dein Vater natürlich kein Oger gewesen sei. Er war ein gut aussehender Mann, Gott hab ihn selig. Viele Frauen fanden ihn sogar äußerst attraktiv. Er kam einfach aus einer Gegend, in der zufällig öfter die Sonne schien, das war alles. Menschen aus dieser Gegend hatten dunklere Haut und mehr Haare. Und deshalb hattest auch du dunklere Haut und mehr Haare. »Du bist schön. Und du hast Glück«, hatte sie gesagt, dabei ihre weißen Hände auf deine Schultern gelegt und dich leicht geschüttelt. Glück, verstehst du? Sie selbst wünschte sich, solche Haut und solche Haare zu haben, ganz bestimmt. Auf jeden Fall. Dann tätschelte sie dich wie einen Hund und lächelte dich aus drei Spiegeln an. Und in diesem Moment wusstest du, dass sie log. Sie wünschte es sich nicht. Ganz und gar nicht. Jetzt beobachtetest du sie im Spiegel, bis sie den Blick abwandte, an ihrer Zigarette zog und sich wieder mit deiner goldenen Spielzeugbürste durch die Haare strich. »Jedenfalls«, sagte Mutter, »besaß die schöne Jungfrau einen Spiegel. Und dieser Spiegel sprach zu ihr.« Ja, o ja, diesen Teil der Geschichte mochtest du am liebsten. Dass die Jungfrau mit dem Spiegel sprach. Dass ihr dieser Spiegel ein Freund war. Du warst so ein einsames kleines Mädchen, nicht wahr? Du führtest flüsternde Gespräche mit Gräsern und freundetest dich mit Ästen an, träumtest dich in Bücher und Filme hinein. Jede Szene, jede Seite war eine Tür in eine andere Welt, erinnerst du dich? »Was hat er zu ihr gesagt?«, fragtest du, als wüsstest du es nicht. Als hätte Mutter dir diese Stelle nicht schon Tausende Male erzählt. »Dass sie wunderschön war«, sagte Mutter, als wäre das selbstverständlich. »Die Schönste im ganzen Land.« Du nicktest, und eine Sehnsucht kam in dir auf. Eine tiefe, tiefe Sehnsucht. Wonach? Nach einem anderen Leben, einem anderen Du, einem anderen Körper. In einem fernen Land. In einem Schloss am Meer. »Doch eines Tages«, jetzt veränderte sich Mutters Tonfall, »eines Tages sagte der Spiegel das nicht.« Bei diesen Worten blickte sie ihre drei Ebenbilder an. »Nein?« »Nein.« Und da sahst du eine Bewegung im Spiegel, ein schillerndes Etwas, das vorher nicht da gewesen war. »Mutter?«, flüstertest du, den Blick auf den Spiegel gerichtet. Jetzt war es mehr als nur ein Schillern, es hatte eine Form. Ein dunkel flirrender Schatten hinter Mutters Spiegelbild. Mutter blickte hinein und schüttelte den Kopf. Sie zog an ihrer Zigarette. Auch sie starrte den Schatten an. Als wäre sie kein bisschen überrascht, ihn dort zu sehen. »Er sagte etwas anderes«, flüsterte Mutter, den Blick auf den Schatten gerichtet. Was war das für ein Umriss? Ein Etwas oder ein Jemand? Ein Jemand. Eine schemenhafte Gestalt. Und diese Gestalt starrte Mutter an. Das wusstest du, obwohl du keine Augen sehen konntest. Nur einen Schatten, weißt du noch? »Was hat er...


Röser, Cornelia
Cornelia Röser, geboren 1978, lebt als Übersetzerin und Illustratorin in Berlin. Sie übersetzt Autor*innen wie Dylan Farrow, Michael Schur, Emily Segal und Emilie Pine aus dem Englischen.

Awad, Mona
Mona Awad, geboren in Montreal, studierte Kreatives Schreiben und Englische Literatur. Sie ist die Autorin von Bunny und drei weiteren Romanen, zuletzt erschien ihr Roman Rouge. Bunny entwickelte sich zur TikTok-Sensation und wurde u.a. für den New England Book Award und einen Goodreads Choice Award nominiert. Für ihren ersten Roman, 13 Ways of Looking at a Fat Girl, erhielt Mona Awad den Colorado Book Award und den Amazon Canada First Novel Award. In einem Artikel im New York Times Style Magazine bezeichnete Margaret Atwood sie als ihre literarische Erbin. Awad lebt in Boston und unterrichtet an der Syracuse University Kreatives Schreiben.



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