Aurass | Frankfurter Schattenjagd | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Aurass Frankfurter Schattenjagd

Kriminalroman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-8392-5614-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-8392-5614-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In der Hauptstadt der »Föderation der europäischen Staaten«, Frankfurt am Main, kämpft ein international besetztes Polizeiteam unter der Führung des jungen deutsch-chinesischen Kommissars Xaver Xiang gegen das organisierte Verbrechen. Grausame Morde an Mitgliedern der mongolischen und der russischen Mafia stellen die Ermittler vor ein Rätsel. Handelt es sich um Bandenrivalität, oder steckt weit mehr dahinter? Und wird Xiangs Liebesleben ihm auf der Suche nach den Drahtziehern zum Verhängnis?

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Kapitel 1
Wenn ich geahnt hätte, was dieser Tag mir bescheren würde … ich wäre einfach liegen geblieben. Nicht dass ich hätte schlafen können … keine Chance. Das hätte der ständige Lärm meiner Mitbewohnerinnen und -bewohner verhindert, die keinerlei Rücksicht darauf nahmen, dass ich eine lange Nacht gehabt hatte und meinen Schlaf brauchte, aber mindestens in gleichem Maße mein Pflichtgefühl bezüglich der Arbeit. Also sprang ich aus meiner Schlafkoje und hoffte, dass nicht Jinjin oder Romina das Badezimmer belegte, denn sonst würde ich ungeduscht zu meiner Dienststelle gehen müssen. Aus der Gemeinschaftsküche drang ein Geruch, der mich vermuten ließ, dass Mahindra wieder einmal eines seiner indischen Spezialgerichte kochte, deren sehr gewöhnungsbedürftige Aromen bei den meisten Bewohnern unserer Wohngemeinschaft auf wenig Gegenliebe stießen. Ich ging davon aus, dass Achmed und Vladimir noch schliefen, denn die beiden arbeiteten meist bis spät in der Nacht und verpennten oft den halben Tag. Man hätte meinen sollen, dass ein gestandener Kriminalhauptkommissar sich ein eigenes Zimmer hätte leisten können, aber die Wohnungssituation in der Acht-Millionen-Metropole Frankfurt am Main wurde nicht besser, sondern von Monat zu Monat schlechter. Der Hauptstadtstatus bewirkte, dass jede Menge Bürokraten und Beamte aus Gesamt-Europa sich hier aufhalten mussten, ob sie wollten oder nicht. Den meisten von ihnen erging es nicht besser als mir, und da ich unverheiratet war, hatte ich keinerlei Anspruch auf eine eigene Wohnung, und sei sie noch so klein. Also hatten wir uns notgedrungen in dieser Multi-Ethno-Wohngemeinschaft zusammengefunden, was die meiste Zeit sogar ziemlich gut funktionierte … wenn man nicht empfindlich war und bereit, sich mit anderen Kulturen, fremden Gerüchen und bisweilen absonderlich erscheinenden Verhaltensweisen zu arrangieren. Ich hatte für den Moment wenigstens insofern Glück, als das Badezimmer frei war und ich schnell unter die Dusche springen konnte. Ein Blick auf meine wasserdichte Seiko, die ich selbst beim Duschen niemals ablegte, zeigte mir, dass es 7:30 Uhr war. Es handelte sich um ein Relikt aus grauer Vorzeit, denn heutzutage wurden keine japanischen Uhren mehr hergestellt, zumindest nicht in Japan, denn das Land gab es nicht mehr. Na ja – das Land gab es schon noch, aber es lebten keine Menschen mehr dort. Die meisten waren tot, und die Überlebenden waren nach Australien oder Europa geflüchtet, nachdem das geschehen war, was man heute nur noch als »die Kettenreaktion« bezeichnete. Ich war gerade dabei, die Zähne zu putzen, als mein Handy nervtötend schrillte. Es war meiner Position geschuldet, dass ich überhaupt ein Handy besitzen durfte … nein, eigentlich sollte es genauer heißen: ein Handy besitzen musste! Ich hasste diese Dinger, mit denen du jederzeit und überall erreichbar warst. Zumal ein Klingeln in meinem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit bedeutete, dass etwas passiert war, das meine Anwesenheit erforderte – und zwar noch vor dem eigentlichen Dienstbeginn. »Xaver Xiang«, meldet ich mich mit vollem Namen, da ich nicht wissen konnte, ob es ein Mitarbeiter oder ein Vorgesetzter war, der mich zu erreichen versuchte. Alle Handys der Behörde waren mit Rufnummernunterdrückung ausgestattet, da wir mit diesen Geräten auch Ermittlungen führten und fremde Personen anriefen, an deren Rückruf uns nicht gelegen war. »Ich bin’s, Basil«, erscholl die sonore Stimme des Engländers, »wir haben einen weiteren Toten. Am besten kommst du direkt zum Fundort.« Er schilderte mir noch die genaue Stelle und legte ohne ein weiteres Wort auf. Detective Chief Inspector Basil Brown war kein Mann vieler Worte und beschränkte sich stets auf das Wesentliche. Er war einer der erfahrensten Ermittler meines Teams, hatte bereits vor 25 Jahren bei Scotland Yard Mordermittlungen durchgeführt, und ich war sehr froh, ihn in meiner Mannschaft zu haben. So gern ich ihn mochte, so sehr hasste ich ihn in diesem Moment für sein schlechtes Timing. Ade Frühstück, ade Kaffee, ade gemütlicher Start in den Tag. Leise fluchend warf ich mich in meine Jeans, befreite meine Waffe aus dem Wandtresor in meiner Schlafkoje und schnallte sie um. Im Hinauseilen warf ich mir noch die Jeansjacke über, dann rannte ich die Treppen hi­nunter in den Hinterhof, wo mein Motorrad sicher untergebracht war. Nur zehn Minuten später bog ich von Osten kommend in die Theodor-Heuss-Allee ein, verlangsamte, damit ich die Ausfahrt auf die B 44 nicht verpasste, die pa­ral­lel zur Autobahn verlief. Mir war bekannt, dass dieser Straßenabschnitt schon vor 40 Jahren als Straßenstrich genutzt worden war, vor allem deshalb, weil er gegenüber dem Areal lag, das einmal als Messegelände von Frankfurt bekannt gewesen war. Diese Zeiten waren allerdings schon lange vorbei. In unmittelbarer Folge der Kettenreaktion, als der nicht enden wollende Flüchtlingsstrom durch Europa zog, war das Gelände zunächst für Notunterkünfte genutzt worden, später waren dort festere Unterkünfte errichtet worden. Aber an dem Standort des Straßenstriches hatten all diese Entwicklungen nichts geändert. Als ich am Ort des Geschehens ankam, war der Verkehr bereits umgeleitet und der Zugang zum Fundort der Leiche nur noch für die Polizei, die Rechtsmedizin und den Leichenbestatter möglich. Die uniformierten Kollegen erkannten mich sowohl an meiner BMW als auch an meinem Aufzug: Jeans, Jeansjacke und ein feuerroter Helm, der schon aus großer Entfernung gut zu sehen war. Mich wunderte, dass gerade mal ein Drittel der Uniformierten einen Blick nach außen gerichtet hatten, von wo Pressevertreter hätten versuchen können, näher an den Schauplatz heranzukommen. Die anderen beiden Drittel der überwiegend männlichen Polizeibeamten hatten ihre Blicke nach innen orientiert, wo Oberkommissarin Sabina Senjuk zusammen mit Kapitan Boris Kasov stand. Ich war mir ziemlich sicher, dass es nicht der stämmige, grobschlächtige Russe war, der das Interesse der Umherstehenden auf sich zog. Es war die Aserbaidschanerin, die teilweise mit unverhohlener Gier angeglotzt wurde. Als junger Mann mit intakter Libido konnte ich das natürlich absolut nachvollziehen. Sabina war der fleischgewordene Männertraum – zumindest für die meisten gebürtigen Mitteleuropäer. Natürlich standen viele NEOs (von »non-European Origin« – also »nicht europäische Herkunft«), wie sie inzwischen genannt wurden, oder deren Nachkommen je nach Herkunftsland nicht auf vollbusige, schlanke Schönheiten. Aber die Mehrheit der am Fundort anwesenden Polizisten wohl eher doch. Die 28-jährige Sabina war es gewohnt, diese Art von Aufmerksamkeit zu erregen, und für gewöhnlich machte sie gute Miene zum bösen Spiel. Sie hielt die Männer auf Distanz, indem sie zwar freundlich lächelte, aber durch ihre gesamte Haltung zum Ausdruck brachte: Wahrt Abstand! Heute allerdings blickte sie ernster als gewöhnlich, was mich ein wenig verwunderte. Gemächlich schlenderte ich auf die beiden zu. »Und, wo liegt die Leiche?«, richtete ich meine Frage an Boris. »Von da hinten bis dort drüben«, meinte er lakonisch und deutete mit der Hand einen Bereich an, den ich auf mindesten 200 Meter schätzte. Ich verkniff mir den Scherz mit dem Opfer, das von einer Dampfwalze überrollt wurde, und sah ihn nur fragend und mit hochgezogener Augenbraue an. Boris zuckte mit den Schultern und meinte: »Die Einzelteile wurden aus einem vorbeifahrenden Wagen geworfen.« Der nur 1,70 große Russe blickte zu mir auf, was meiner Körpergröße von 1,95 geschuldet war, und sah mich abwartend an. Als ich nicht reagierte, fuhr er fort: »Komm mit, ich zeige dir den Kopf.« Er ging voraus zu der Stelle, an der Sabina inzwischen in der Hocke einen vor ihr am Boden liegenden, fußballgroßen Gegenstand betrachtete. Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, sich auszumalen, dass es sich dabei um den Kopf des Opfers handelte. Als wir herantraten, blickte sie kurz auf. »Hi, Dex«, begrüßte sie mich nüchtern. Es war nicht so, dass mein Team mir diesen Spitznamen gegeben hätten. Ich hatte ihn bereits als Kind in der Schule bekommen. Ich wusste bis heute nicht, was ich mehr gehasst hatte: meinen bayerischen Vornamen – das Erbe meiner Mutter – oder meinen chinesischen Nachnamen – das Erbe meines Vaters, eines China-Restaurant-Besitzers aus Frankfurt. Ein recht cleverer Mitschüler kam auf die Idee, meine Initialen, XX, als »Double Ex« (Doppel-X) zu lesen, was man hervorragend zu »Dex« abkürzen konnte. Es war wohl niemals jemand glücklicher über einen Spitznamen als ich. Seit dieser Zeit bat ich jeden, egal ob per Du oder per Sie, mich »Dex« zu nennen. »Wissen wir schon etwas über die Volkszugehörigkeit? Was ist … nein, was war er? NEO, NEO-Mix oder Ethno-Mix?« Als »NEO-Mix« bezeichnete man Menschen, deren Eltern zwei verschiedenen nicht-europäischen Ethnien zugehörten, und als »Ethno-Mix« die zunehmende Anzahl von Menschen, deren einer Elternteil aus Europa stammte und deren anderer Elternteil im Rahmen des Exodus nach der Kettenreaktion nach Europa gekommen war. In den letzten Jahren war es immer schwieriger geworden, die Herkunft eines in Europa lebenden Menschen zu bestimmen. »Nein«, antwortete Sabina kopfschüttelnd, »sie haben den Chip entfernt, bevor sie seine Teile auf die Straße geworfen haben. Die Hand mit der Tätowierung fehlt ebenfalls, also werden wir auf die DNA-Analyse warten müssen.« Sie griff mit zwei gummibehandschuhten Händen nach dem Kopf, stellte ihn auf den Hals und strich die von klebrigem Blut...


Aurass, Dieter
Dieter Aurass wurde 1955 in Frankfurt am Main geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Abitur begann er seine 41 Jahre andauernde Karriere bei der Polizei. 30 Jahre lang war er Ermittler des Bundeskriminalamtes in den Bereichen Terrorismusbekämpfung und Spionageabwehr. Die letzten elf Jahre seiner Polizeikarriere arbeitete er im IT-Management der Bundespolizei. Seit vier Jahren schreibt er Kriminalromane. Dieter Aurass ist seit 32 Jahren verheiratet und lebt mit seiner Frau und einer Boston-Terrier-Hündin in Mülheim-Kärlich bei Koblenz am Rhein.



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