Atkinson | Wie Nathan Jones wieder zu träumen lernte | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Atkinson Wie Nathan Jones wieder zu träumen lernte

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-95967-928-2
Verlag: HarperCollins
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Manchmal gibt das Leben dir eine zweite Chance - wenn auch auf sonderbare Weise ... Es sollte ein gemütlicher Samstag auf der Couch werden, aber als Nathan Jones die Straße überquert, übersieht er den Bus - und landet in einem Kühlfach in der Pathologie. Fälschlicherweise haben ihn die Ärzte für tot erklärt. Zu seinem Glück bemerkt die Angestellte Kat diesen Irrtum. Aber nach seiner Rückkehr zu den Lebenden läuft nichts wie erwartet. Seine Frau vergießt keine Freudentränen, sondern weint um die ausbleibende Versicherungszahlung. Ist seine Ehe doch nicht perfekt? Während er nach Antworten sucht, fühlt er sich zunehmend zu seiner »Lebensretterin« Kat hingezogen und hat bald noch mehr Fragen: Wieso erscheint ihm die Welt mit Kat, die immer nur Schwarz trägt, so viel bunter?

David Atkinson ist der Vater von zwei kleinen Töchtern und lebt in Edinburgh, dem Athen des Nordens. Sein Debütroman wurde für den Romantic Novelist Association Award nominiert. Wenn er nicht arbeitet und sich um seine Familie kümmert, nutzt er jede freie Minute, um zu schreiben.

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Kapitel 2 Mein voller Name lautet Klaudette Ainsworth-Thomas (ja, ich weiß). An meinem zehnten Geburtstag wachte ich auf, beschloss, dass es jetzt endgültig reichte, und traf eine Entscheidung monumentalen Ausmaßes. Und wer war die erste Person, der ich davon erzählen musste? Meine Mutter. »Mum?« Janice, meine Mum, war für gewöhnlich am Bügelbrett zu finden. Sie bügelte jeden Tag. Bügeln war eine ihrer vielen Leidenschaften, die schon an Besessenheit grenzten. Wenn es auf 18 Uhr zuging und sich im Bügelkorb keine Wäsche mehr befand, wurde sie nervös und unleidlich. Sie bügelte dann Sachen, die bereits vollkommen knitterfrei waren – zum Beispiel die Hemden meines Vaters –, oder zufällig Ausgewähltes wie die Vorhänge im Schlafzimmer. Es wurde in unserer Familie sogar gemunkelt, dass sie die Zierkissenbezüge vom Sofa genommen und bei niedriger Hitze gebügelt haben soll. »Mum?« »Ja, Klaudie?« Das war übrigens noch etwas, das mich nervte. Obwohl ich dank meiner gedankenlosen Eltern mit einem Dreifachnamen aus der Hölle geschlagen war, machten sie sich nicht einmal die Mühe, ihn richtig zu benutzen. Stattdessen kürzten sie ihn ständig so ab, dass es wie das Wetter klang, das in Schottland vorherrschte. Cloudy. Bewölkt. »Ich habe eine Entscheidung getroffen.« »Das ist schön, Schatz.« »Mum, ich meine es ernst.« Sie legte das Bügeleisen zur Seite und starrte mich an. »Klaudie, du bist immer ernst – das ist ja dein Problem. Du …« »Nein, Mum, das ist nicht mein Problem, das ist dein Problem. Ich bin so, wie ich bin. Ich habe beschlossen, dass ich es satthabe, Klaudette, Klaudie oder Klaudia genannt zu werden. Und von Ainsworth-Thomas habe ich ebenfalls die Nase voll. Von jetzt an reagiere ich nur noch auf den Namen Kat. K-A-T.« »K-A-T?« »Ja. Kat ist viel cooler, und die meisten meiner Freunde nennen mich sowieso so.« Mum widmete sich wieder den Pantoffeln, die sie gerade bügelte. »Das ist schön, Schatz.« Trotz Mums Gleichgültigkeit ließ ich mich nicht beirren. Von dem Tag an hörte ich nur noch auf den Namen Kat. Irgendwann hatten sich alle – inklusive meiner Eltern und der Großzahl meiner Lehrer – an den neuen Namen gewöhnt. Die einzige Ausnahme war die stellvertretende Rektorin meiner baufälligen Highschool in Glasgow: Mrs. Brock. Mrs. Brock bestand darauf, mich auch weiterhin Klaudette zu nennen. Das Ergebnis war, dass ich für die nächsten fünf Jahre alles ignorierte, was sie sagte. Das einzige Problem an dieser Taktik war, dass Mrs. Brock mich während zwei dieser fünf Jahre in Geschichte unterrichtete. Deshalb zählte Geschichte nicht unbedingt zu meinen stärksten Fächern. Und die ganzen Harolds/Haralds, die 1066 so rumgelungert hatten, waren auch nicht gerade hilfreich. Natürlich war meine Mum schuld. Sie hatte einen John Thomas (ja, echt) getroffen und geheiratet. Und sie hatten beschlossen, ihre Namen nach der Hochzeit mit einem Bindestrich zu koppeln. Ich hätte gedacht, dass jemand, der mit dem Namen John Thomas aufwachsen musste (was im Englischen ja auch eine flapsige Bezeichnung für Penis ist), bei der Namenswahl für seine Kinder etwas vorsichtiger wäre und davon absehen würde, der einzigen Tochter einen so unaussprechlichen Namen aufzubürden. Um seinen eigenen Vornamen nicht mehr benutzen zu müssen, war mein Dad sogar Professor für Ethnosoziologie geworden – selbst auf seinen Kreditkarten stand nur Prof. J. Thomas. Als kleines Kind – bevor ich schlau genug war, meinen Namen zu ändern – hatte ich einen dicklichen, pummeligen Körper, ein seltsam gequetschtes Gesicht und kaum Selbstbewusstsein. Ich kam von der Schule nach Hause, ging in mein Zimmer, zog mein Cinderella- oder Schneewittchenkostüm aus der Verkleidungskiste an, tanzte vor dem Spiegel herum und tat so, als würde ich ein anderes Leben leben. Die Kleider waren für mich eine Art emotionaler Schutzwall. Etwas, hinter dem ich mich verstecken konnte. Das machte ich übrigens weiterhin. Ich hatte immer das Gefühl, es würde eine gewisse Grausamkeit dahinterstecken, als Einzelkind aufzuwachsen. Vor allem bei Eltern wie meinen, die mit ihren eigenen Leidenschaften viel zu beschäftigt waren, um irgendwie Notiz von meinen Problemen zu nehmen. Alle Eltern sollten verpflichtet sein, zwei oder mehr Kinder zu haben oder eben keines. Ein Dasein als Einzelkind konnte zu Vereinsamung führen – bei Kindern wie mir, die Schwierigkeiten hatten, Freunde zu finden, war es jedenfalls so. Wenn ich Geschwister gehabt hätte, hätten wenigstens die mit mir spielen und etwas von meiner Einsamkeit vertreiben können. Ja, aber wie ich dich kenne, hätten sie dich gehasst, sodass alles nur noch schlimmer geworden wäre. »Es hätte kaum schlimmer sein können.« Wollen wir wetten? Wenn ich gestresst bin, streite ich mich oft mit meinem inneren Selbst – normalerweise auch laut, was mir häufig konsternierte Blicke von Fremden einbringt. Na ja, noch konsternierterer als ohnehin schon. Kindheitserinnerungen lassen meinen Stresspegel für gewöhnlich ins Unermessliche steigen, also versuche ich, das zu vermeiden. Trotz meiner Probleme auf der Highschool schloss ich zur Überraschung vieler meiner Lehrer – allen voran Mrs. Brock – mit ganz anständigen Noten ab und erhielt einen Platz an der Napier University of Edinburgh, um Gesundheits- und Krankenpflege zu studieren. Den Gedanken an einen Bürojob konnte ich nicht ertragen. Ich war ein praktisch veranlagter Mensch und glaubte zu Beginn, es wäre eine gute Idee, in der Pflege zu arbeiten. Ich stellte mir vor, dass der Job eine stimulierende und sich ständig verändernde Umgebung bieten würde, sodass mir nicht langweilig werden würde. So war es allerdings nicht. Zuerst wurde ich in der Chirurgie eingesetzt und musste mich um Patienten kümmern, die entweder auf eine Operation warteten oder sich von einer OP erholten. Die Station war chronisch unterbesetzt (wie so viele), was bedeutete, dass ich mich benutzt und ausgenutzt fühlte – von allen. Von Kollegen und Patienten gleichermaßen. »Kat, der Patient in Zimmer 3 braucht Toast und Tee. Kannst du ihm das bringen?«, bat mich meine Ausbilderin während der ersten Achtstundenschicht. Nachdem ich das getan hatte, eilte ich zurück ins Schwesternzimmer. »Schnell erledigt«, sagte sie. »Kannst du die beiden Betten in Zimmer 11 frisch beziehen? Sie sind voller Blut und Erbrochenem. Und könntest du danach so freundlich sein und mir und Elaine, der Pflegemanagerin, aus der Cafeteria ein paar Sandwiches holen, weil wir beide vergessen haben, etwas für die Mittagspause einzupacken?« Am Ende des Tages hatte ich den Eindruck, weniger eine Krankenschwester zu sein, sondern viel eher eine Kellnerin oder ein Zimmermädchen. Ich fragte mich auch, warum Patienten überhaupt »Patienten« genannt wurden, denn in meinen Augen waren sie mit dem ständigen Drücken des Klingelknopfs und dem Verlangen nach diesem und jenem alles andere als das. Mit alldem hätte ich mich vielleicht noch abfinden und es trotzdem durchziehen können. Doch der Tropfen, der das Fass für mich zum Überlaufen brachte, kam am Ende der ersten Dienstwoche. Ich begleitete gerade einen älteren Herrn zur Toilette, als er sich unvermittelt umdrehte, mit seinen knochigen (aber überraschend starken) kleinen Händen meine Brüste packte, das Gesicht in mein Dekolleté drückte, seufzte und dann tot zu Boden sackte. Genug war genug. Also stieg ich aus und begann ein medizinisches Praktikum in der Pathologie. Tote Patienten grapschten nicht, forderten nichts, redeten nicht mit mir, starrten mich nicht an und griffen mich auch nicht an. Tatsächlich machten sie fast überhaupt nichts – außer reglos herumzuliegen. Ab und an stanken sie ein wenig, daran allerdings gewöhnte man sich schnell. Ich bewarb mich, und mit der Hilfe von Freistellungen sowie Abendkursen qualifizierte ich mich zur Pathologieassistentin – besser bekannt als Sektions- und Präparationsassistentin. Ich schätze, angesichts meiner Weltanschauung und meiner recht ernsten und introvertierten Art passte die Arbeit einfach zu mir. Inzwischen bin ich schon fast sechs Jahre am Royal Infirmary of Edinburgh, und es gibt kaum etwas, das ich noch nicht gesehen oder gerochen habe. Anfangs reagierte Mum schockiert auf meine etwas ungewöhnliche Berufswahl und konnte die Motivation dahinter nicht nachvollziehen. Im Laufe der Zeit erkannte sie jedoch, dass ich meinen Job liebte, Spaß daran hatte – auch wenn es verrückt klang – und mich im Gegensatz zu vielen anderen Menschen auch nie darüber beklagte. Montag, der 23. November, begann wie alle Arbeitstage, wenn ich Frühschicht hatte. Mein Wecker klingelte um 5:45 Uhr. Ich duschte, aß Cornflakes, während ich mir die Haare föhnte, und sah mir die BBC News mit Untertiteln an, damit ich trotz des Föhn-Lärms verstehen konnte, worüber die Moderatoren quasselten. Mein dickes Haar brauchte immer eine Ewigkeit, bis es trocken war. Danach legte ich meine Manic Panic-Foundation auf. Wenn ich ehrlich war, gefiel mir an dem Produkt vor allem der Name, denn im Grunde genommen hätte ich auch jede andere Grundierung verwenden können. Dagegen ließ ich seit zehn Jahren ausschließlich Lippenstifte der Marke Rimmel an meine Lippen. In drei Farbnuancen: Schwarz, Dunkelrot und für besondere Anlässe RockChick...


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