E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Arp Und plötzlich sind sie 13
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7655-7652-2
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
oder: Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen Reiseführer durch die Pubertät Der Bestseller - überarbeitet & aktualisiert
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7655-7652-2
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Bestseller unter den Erziehungs-Ratgebern für Eltern von Kindern in der Pubertät
von den Bestsellerautoren Claudia und David Arp komplett überarbeitet und aktualisiert
Der Bestseller „Und plötzlich sind sie 13 oder: Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen. Reiseführer durch die Pubertät” ist seit seinem Erscheinen zu einem Klassiker der Eltern-Ratgeber geworden.
In dieser komplett überarbeiteten, erweiterten und aktualisierten Ausgabe finden sich wieder alltagstaugliche Tipps, wie die Pubertät nicht zur latenten Dauerkrise wird. Eltern können stattdessen entdecken, dass die Teenagerjahre eine einmalige Gelegenheit sind, ihre Kinder Schritt für Schritt in mehr Verantwortung und Selbstständigkeit zu führen. Und wie sie ihre Kinder unterstützen und begleiten können, ohne sich selbst zu verlieren.
Ergänzt werden die praktischen Hinweise und Beispiele von nützlichen Expertentipps und Erfahrungsgeschichten von Teenie-Eltern.
Besonders berücksichtigt wurden in dieser überarbeiteten Ausgabe die Situation von Patchworkfamilien und Alleinerziehenden, die fortschreitende Digitalisierung, der Umgang mit LGBTQ-Kindern und vieles mehr.
„Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen” bietet einer modernen Generation von Eltern mit einer neuen Generation von Teenagern kompetente, erfahrungsnahe und umsetzbare Tipps. So können alle Beteiligen die abenteuerliche Reise durch das Land der Pubertät gut überstehen!
Weitere Infos & Material
Kapitel eins
Vier Säulen einer stabilen Beziehung – Navigation durch die Pubertät
Meine Eltern lieben mich überhaupt nicht. Ich kann kommen und gehen wie ich will. Selbst wenn ich die ganze Nacht wegbleibe, sagen sie nichts. Ich bin ihnen einfach egal. Ein Sechzehnjähriger Wer mit etwa dreizehn- bis sechzehnjährigen Teenies zu tun hat, kann sich nie sicher sein, was von einem erwartet wird. Reden oder schweigen, lachen oder weinen, Nähe oder Distanz? Manchmal wechseln die Stimmungen von Teenagern rasend schnell, wie das Auf und Ab einer Achterbahn, bei der man nie weiß, in welcher Richtung es nach der nächsten Kurve weitergeht. Hatten die Eltern mit ihrem Teenager gestern noch ein vernünftiges Gespräch auf Augenhöhe, kann er heute plötzlich uneinsichtig und verzweifelt sein wie ein Dreijähriger. Doch auch wenn Eltern sich dann manchmal an die Kleinkindzeit erinnert fühlen, ihre Teenager sind in einer ganz anderen Situation: Hormone wirken auf sie ein, sie müssen sich in der digitalen Welt behaupten und von den Erwachsenen trennen sie manchmal Welten. Für Jugendliche in der Pubertät verliert die Familie an Bedeutung, während Freunde immer wichtiger werden. Gleichzeitig reagieren Teenager impulsiv, lassen sich unüberlegt auf Abenteuer ein, scheuen auch vor riskanten Unternehmungen nicht zurück und ignorieren die besorgten Einwände ihrer Eltern. Wenn die Erwachsenen im falschen Moment oder auf die falsche Weise die Nähe ihrer Kinder suchen, haben sie das Gefühl, einen Kaktus umarmen zu wollen. Das kann richtig wehtun. Kein Wunder, dass es vielen Eltern Angst macht, wenn sie bei ihren Kindern die ersten Anzeichen der Pubertät entdecken. Wie begründet diese Angst manchmal sein kann, zeigt die folgende Geschichte. „Den Sommer, als Simon dreizehn wurde, werde ich nie vergessen“, erzählte Kristin. „Alles fing ganz harmlos an. Die Kinder hatten Sommerferien und Simon, unser Ältester, wollte gern einige Zeit bei meinen Eltern verbringen. Als frischgebackener Teenager freute er sich auf eine Zeit ohne die kleinen Geschwister, außerdem konnte er auf dem Pferdehof der Großeltern mitarbeiten und ein bisschen Geld verdienen. Simon arbeitete fleißig mit seinem Opa zusammen, sie reparierten Zäune und hielten die Ställe sauber. Gelegentlich mussten die Großeltern in die Stadt, um Besorgungen zu machen. Dann luden sie Simon ein, mitzukommen und vielleicht zusammen etwas essen zu gehen. Aber Simon sagte immer ab, er sei zu müde von der ungewohnten Arbeit, eine Begründung, die seine Großeltern natürlich akzeptierten. Simon war wirklich müde, aber das war nicht der Grund, warum er allein im Haus seiner Großeltern bleiben wollte“, seufzte Kristin. „Meine Eltern hatten in diesem Sommer zwei neue Autos gekauft, einen kleinen, hellgrauen Opel und einen dunkelblauen BMW, der es unserem Jungen angetan hatte. Die Schlüssel hingen immer entweder am Schlüsselboard neben der Tür oder sie steckten im Zündschloss.“ Wir ahnten schon, in welche Richtung Kristins Geschichte weitergehen würde. Simon liebte Autos. Obwohl es bis zum Führerschein noch Jahre dauern würde, bat er seine Eltern immer wieder, ihm das Autofahren beizubringen. In diesen Augustwochen konnte Simon der Versuchung nicht widerstehen. Er beschloss, sich das Fahren selbst beizubringen. Immer wenn die Großeltern weg waren, setzte er sich ans Steuer des neuen BMW. In seiner ersten „Fahrstunde“ beschränkte er sich auf die lange, asphaltierte Einfahrt zum Hof. Dann wagte er sich auf den Feldweg neben dem Haus, wo er unermüdlich Kurven fuhr und das Lenken übte. Als er sich sicher genug fühlte, lenkte er den Wagen auf die hügelige Landstraße, die zu dem Pferdehof führte. Alles ging gut. Bis sich eines Tages ein Wolkenbruch über der Gegend entlud, während Simon Auto fuhr. Auf einem rutschigen Straßenabschnitt verlor er die Kontrolle, das Auto kam von der Fahrbahn ab, schlitterte über den Seitenstreifen, stieß mit dem Kotflügel gegen die Steinblöcke am Straßenrand, drehte sich um hundertachtzig Grad und krachte mit dem Heck erneut dagegen. Am Abend erzählte ein blasser Simon seinen Großeltern, jemand hätte das Auto geklaut und damit einen Unfall gebaut. Gemeinsam gingen sie zur Unfallstelle und betrachteten den Schaden, doch die Großeltern nahmen Simon die Geschichte nicht ab. Irgendwann gab er alles zu, beschämt und voller Angst. Da sagte sein Opa: „Simon, eine Sache ist jetzt ganz wichtig. Du bist unser Enkelsohn. Oma und ich haben dich sehr lieb, ganz egal, was mit dem Auto ist. Wir sind froh, dass dir nichts passiert ist. Um alles andere sollen sich deine Eltern kümmern.“ Ein paar Tage später, als Simons Eltern und Geschwister auf den Hof fuhren, fiel ihnen gleich auf, dass der neue BMW nicht an seinem Platz stand. Als Simon aus dem Haus trat, um sie zu begrüßen, kam sofort die Frage: „Sind Oma und Opa nicht da? Ihr Auto steht ja gar nicht im Hof.“ Simon versuchte zu lächeln. „Oma und Opa sind da, es ist alles in Ordnung. Den Rest erzähle ich euch später.“ Ralf und Kristin waren beunruhigt und versuchten, von den Großeltern zu erfahren, was los war, doch die verrieten nichts. Erst als seine Geschwister im Bett waren, erzählte Simon die ganze Geschichte. In dieser Nacht schliefen Ralf und Kristin schlecht. Wie sollten sie sich jetzt verhalten? Was hatten sie bloß falsch gemacht? Hätten sie den Großeltern vorher sagen müssen, wie sehr Simon sich für Autos interessierte? Hätte man die Autoschlüssel verstecken müssen? Aber Simon war kein kleiner Junge mehr, vor dem man alles in Sicherheit bringen konnte, was ihm vielleicht gefährlich werden könnte. Schließlich versuchten sie, die Sache positiv zu sehen. Niemand war verletzt worden, niemand würde eine Strafanzeige stellen. Die Steinblöcke am Straßenrand waren bis auf ein paar Lackspuren, die sich entfernen ließen, unversehrt. Aber natürlich konnten Ralf und Kristin die Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen. Außerdem würden sie für die Reparatur aufkommen müssen, die Versicherung zahlte in diesem Fall nicht. Und – war diese Geschichte vielleicht nur ein Vorgeschmack auf die bevorstehenden Jahre der Pubertät? Am nächsten Tag luden sie Simon zur Eisdiele ein, um in aller Ruhe mit ihm zu reden. Zunächst löffelten sie schweigend ihr Eis. Mit einem Seufzen begann Ralf schließlich: „Als du klein warst, konnten wir dich vor allem Bösen beschützen. Wenn du den anderen Kindern Sand auf den Kopf geschaufelt hast oder mit Steinen nach Autos werfen wolltest, dann haben wir dich davon abgehalten. Aber das ist jetzt eine andere Dimension. Stell dir mal vor, da wäre ein anderes Auto gekommen und es hätte Verletzte gegeben!“ „Oder auch ohne Gegenverkehr, du selbst hättest bei dieser Aktion ernsthaft verletzt werden und für dein restliches Leben behindert sein können. Und ja, du hättest auch sterben können.“ Ralf schwieg und auch Simon starrte schweigend auf die Tischplatte. Als Simon gar nicht reagierte, sprach Kristin sanft, aber eindringlich weiter: „Simon, wir haben dich lieb, das weißt du. Aber wir müssen dir auch klar machen, welche Folgen dein Verhalten hätte haben können. Es wird noch viele Situationen geben, in denen du unbeobachtet sein wirst und Lust haben wirst, etwas Verbotenes zu tun. Du musst dir überlegen, nach welchen Regeln du leben willst. Letztlich wird das deine Entscheidung sein.“ Sie saßen noch lange in der Eisdiele, während Ralf und Kristin mit ihrem Sohn über seine zunehmende Eigenverantwortung sprachen. Der Schreck von dem Unfall saß Simon noch in den Gliedern, er war offen für die Worte seiner Eltern und entschlossen, in Zukunft klügere Entscheidungen zu treffen. Trotzdem musste auch eine Strafe sein und die Eltern überlegten sich, welche Konsequenzen sinnvoll wären. Doch an erster Stelle stand die Vergebung, die sie Simon ausdrücklich zusprachen. Sie wollten nicht zu lange bei dem verharren, was sich nicht mehr ändern ließ, sondern daraus gute Schlüsse ziehen und zuversichtlich weitergehen. Als wir später mit Kristin über das Ereignis sprachen, meinte sie: „Wir glauben, dass Simon aus dieser Erfahrung einiges gelernt hat. Unser Ziel war nicht, dass er sich schlecht fühlte und der Vorfall ihn langfristig belastete. Er sollte keine Angst vor zukünftigen Fehlentscheidungen haben und sich auch nicht als Versager oder als Sorgenkind fühlen. Also beschlossen wir nach dem Gespräch in der Eisdiele, dass die Sache damit erledigt war, und es gab keine größeren Gespräche mehr.“ „Wie habt ihr es geschafft, den Vorfall nicht mehr zu erwähnen?“, fragte Claudia. „Ich habe mir schon manchmal auf die Zunge gebissen“, grinste Kristin. „Es war nicht...