Ammann / Kunz / Krieg | Abendmahl | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 118 Seiten

Reihe: denkMal

Ammann / Kunz / Krieg Abendmahl

E-Book, Deutsch, Band 5, 118 Seiten

Reihe: denkMal

ISBN: 978-3-290-22018-1
Verlag: TVZ Theologischer Verlag Zürich
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Das Abendmahl ist ein theologischer Dauerbrenner. Immer wieder war und ist es Gegenstand ökumenischer Diskussionen. Die Fragen zur Interzelebration und eucharistischen Gastfreundschaft sind nur ein Beispiel dafür. In auffälligem Kontrast dazu steht die Tatsache, dass das Abendmahl in den reformierten Kirchen der Deutschschweiz von vielen als ein Fremdkörper erfahren wird. Was wären Impulse für eine zeitgemässe reformierte Abendmahlspraxis? Sollten wir das Abendmahl häufiger feiern? Was ist überhaupt ein reformiertes Verständnis des Abendmahls? Die Beiträge loten das weite Feld des Feierns und Nachdenkens über das Abendmahl aus. Ein Glossar mit Erläuterungen zentraler Begriffe lädt zu überraschenden Entdeckungen in Geschichte und Gegenwart des Abendmahls ein. Das Abendmahl ist ein theologischer Dauerbrenner. Immer wieder war und ist es Gegenstand ökumenischer Diskussionen. Die Fragen zur Interzelebration und eucharistischen Gastfreundschaft sind nur ein Beispiel dafür. In auffälligem Kontrast dazu steht die Tatsache, dass das Abendmahl in den reformierten Kirchen der Deutschschweiz von vielen als ein Fremdkörper erfahren wird. Was wären Impulse für eine zeitgemässe reformierte Abendmahlspraxis? Sollten wir das Abendmahl häufiger feiern? Was ist überhaupt ein reformiertes Verständnis des Abendmahls? Die Beiträge loten das weite Feld des Feierns und Nachdenkens über das Abendmahl aus. Ein Glossar mit Erläuterungen zentraler Begriffe lädt zu überraschenden Entdeckungen in Geschichte und Gegenwart des Abendmahls ein.
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Bewegte Körper, essbare Zeichen
Das Abendmahl, ritualtheoretisch betrachtet Adrian Portmann Was ein Ritual ist, darüber herrscht keine Einigkeit. Während die einen nur in religiösen Kontexten von Ritualen sprechen wollen, fassen andere auch so entlegene Dinge wie Rodeo-Reiten oder Zähneputzen und sogar den Brauttanz der Winkerkrabbe unter diese Kategorie. Am ehesten können noch jene Definitionen auf einen zumindest lauwarmen Konsens hoffen, die auf funktionale ebenso wie auf substantielle Elemente verzichten und sich auf mehr oder weniger formale Aspekte beschränken. Unter einem Ritual wäre dann etwa der leibvermittelte und in der Regel kollektive Vollzug von mehr oder weniger invarianten Handlungssequenzen zu verstehen, die in bestimmten Situationen traditionell vorgeschrieben oder kulturell möglich sind, die Zeichencharakter haben und daher über das rein Pragmatische hinaus gehen. Wer nach dieser Einleitung befürchtet, dieser Artikel werde seine Leserschaft mit einer endlosen Erörterung definitorischer Feinheiten erschöpfen, sei beruhigt: Definitionsfragen, so spannend sie sind, sind für unseren Zusammenhang nicht zentral. Denn das Abendmahl – und dieses steht hier im Zentrum des Interesses – ist für praktisch alle Definitionen zweifelsfrei ein Ritual. Allerdings: Was ist damit gewonnen, wenn das Abendmahl als Ritual identifiziert wird? Nichts, mögen jene antworten, die dem Ritual-Begriff mit theologischer Reserve gegenüber stehen. Gar nicht so wenig, möchte ich dem entgegen halten. Diese Identifikation macht es nämlich möglich, beim Nachdenken über das Abendmahl an die Vielfalt der ritualtheoretischen Diskussionen anzuknüpfen und diese für unser Verständnis des Abendmahls nutzbar zu machen. Genau das möchte ich hier tun: Ich verstehe die Ritual-Theorien aus Religionssoziologie, Ethnologie und Religionswissenschaft als ein Reservoir von begründeten und häufig empirisch gesättigten Vermutungen über Rituale, und wende einige dieser Vermutungen versuchsweise auf das Ritual namens Abendmahl an. Das ist ein relativ bescheidenes Programm, zugegeben, und ein kompilatorisches dazu; aber es ermöglicht immerhin einen kleinen tour d’horizon und zeigt zwei, drei Routen auf, die bereits mit einigem Erfolg begangen wurden. Gefestigte Gemeinschaft
Viele Ritual-Theorien behandeln die Frage nach den Funktionen, die das Ritual für jene Gruppe hat, die das Ritual begeht. Und in der Regel lautet die Antwort: Das Ritual dient der Festigung dieser Gruppe, es stärkt ihren inneren Zusammenhalt und fördert, nicht zuletzt angesichts von Veränderungen, Spannungen und Krisen, die Integration und Solidarität ihrer Mitglieder. Diese Funktion – darauf legt Emile Durkheim, der diese Sicht massgeblich geprägt hat, grossen Wert – kann das Ritual auch dann erfüllen, wenn sie weder intendiert noch dogmatisch vorgesehen noch den Praktizierenden bewusst ist. Viele dieser Theorien wurden anhand von Anschauungsmaterial aus segmentären bzw. Stammesgesellschaften entwickelt, in denen die Kultgemeinschaft und die Gesellschaft mehr oder weniger deckungsgleich sind. Deshalb festigen die Rituale hier die Gesellschaft insgesamt. In stratifikatorischen oder funktional differenzierten Gesellschaften hingegen, also bereits in Hochkulturen, erst recht aber in der Moderne, beschränkt sich die Reichweite von Ritualen und deren solidarisierende Wirkung häufig auf einzelne Subgruppen, etwa auf eine Kultgemeinschaft. Diese Gruppen aber werden nicht nur rituell gefestigt; bereits ihre Stiftung kann von Ritualen begleitet sein, und auch die Aufnahme neuer Mitglieder hat eine rituelle Form. Beim rituellen Essen lässt sich dies alles besonders gut beobachten. Durchs Band weg wird in der Literatur betont, dass die Kommensalität, dass das Essen anlässlich von Initiationen, Bündnisschlüssen, Opferfeiern oder auch von privaten Einladungen Gemeinschaft schafft und dem Zusammenhalt dient, dass es aus Fremden Freunde macht und aus Feinden Versöhnte. So ist es für Eva Barlösius unbestritten, dass es neben der Mahlzeit «keine andere soziale Institution gibt, die in ähnlicher Weise Gleichheit, Gemeinschaft, Zugehörigkeit symbolisiert»1. Dass dies beim Abendmahl genau so ist, steht ausser Zweifel und deckt sich auch mit einem wichtigen Element der offiziellen Lehre. Zudem trifft es in einem doppelten Sinn zu: Gemeinschaftsstiftend ist zum einen die aktuelle Feier des Abendmahls. Darüber hinaus aber gilt: Das Wissen darum, dass überall in der Christenheit in mehr oder weniger gleicher Weise Brot gebrochen und Wein getrunken wird, stärkt auch über den konkreten Anlass hinaus den Zusammenhalt und die gemeinsam Identität. Vergegenwärtigung der Story
Rituale dienen der Festigung der Gemeinschaft noch in einer weiteren, spezifischen Weise: Sie stärken die gemeinsame Identität, indem sie die Werte und Glaubensüberzeugungen der jeweiligen Gemeinschaft über lange Zeit hinweg tradieren und in der Gegenwart jeweils in Erinnerung rufen. Allerdings sind Rituale weder Dogmatik-Vorlesungen noch Moralpredigten. Sie argumentieren nicht, sie gehen, nun: effektiver vor. Viele Rituale beinhalten die Rezitation grundlegender Mythen, die Erzählung einer Story, die das Gründungs- oder Heilsgeschehen, den gemeinsamen Glauben oder die geteilte Hoffnung auf den Punkt bringt. Und da es nicht beim Rezitieren und Erzählen bleibt, da die Grundtexte häufig dramatisiert werden und die Feiernden an dieser Inszenierung partizipieren, erreichen Rituale eine intensive Vergegenwärtigung dieser Story. Rituale sind daher mehr als das, was man auch durch das Studium der Texte lernen oder durch eine Predigt über die Texte mitteilen könnte. Es ist gerade der Vollzug der Rituale, der diese Glaubensüberzeugungen plausibel macht und ihnen Gültigkeit verleiht. In den Worten von Clifford Geertz: Das Ritual ist der Ort, an dem die religiösen Vorstellungen zu ihrer «Aura der Faktizität» kommen: «Die Anerkennung der Autorität hinter der religiösen Perspektive, die das Ritual ausdrückt, rührt also eigentlich aus dem Vollzug des Rituals selbst.»2 Auch beim Abendmahl ist dies zu beobachten: Nicht nur die Einsetzungsworte mit der Aufforderung zum Gedächtnis gehören in dieses Kapitel. Auch einzelne Symbole wie das Brot als Zeichen des gebrochenen Leibes und das Blut als Zeichen des vergossenen Blutes dienen diesem Zweck. Darüber hinaus aber kann die Austeilung von Brot und Wein als eine Inszenierung der Urszene gelesen werden, in die alle einbezogen werden. All dies dient in der Tat nicht nur der Erinnerung, sondern auch der Vergegenwärtigung des Lebens Jesu, seiner Heilstat oder auch seines Opfers, und es festigt die gemeinsame Identität der Teilnehmenden als Christenmenschen. Hierarchie und Egalität
Die Grundthese der Festigung der Gemeinschaft lässt sich noch in zwei weiteren Hinsichten entfalten. Die erste: Rituale bewirken immer auch die interne Strukturierung einer Gruppe. Bei Essens-Ritualen etwa ist die Frage entscheidend, ob bestimmte Speisen einigen Auserwählten vorbehalten bleiben oder nicht. Je nachdem können Rituale die Hierarchie betonen oder aber die Egalität. Dass das Abendmahl eine egalitäre Tendenz hat, dürfte schnell einleuchten: Alle essen gemeinsam, alle essen dasselbe, sie teilen. Die Hierarchisierung kann allerdings ebenfalls vorkommen, wenn etwa einzelne Gemeindeglieder eine privilegierte Behandlung geniessen (vielleicht erhalten sie spezielle Plätze oder sie sind als Erste an der Reihe). Wichtiger ist aber die Unterscheidung von Ritual-Spezialisten und Laien, die sich zum Beispiel dort zeigt, wo die Kommunion in beiderlei Gestalt den Priestern vorbehalten ist. Gerhard Baudy sieht darin dieselbe Symbolisierung von Statusdifferenzen wie in der ungleichen Distribution des Fleisches, die in antiken Opferfesten anzutreffen ist.3 Es ist deshalb kein Zufall, dass sich die Auseinandersetzung zwischen den auf Egalität bedachten Hussiten und der Kirche Roms im 15. Jahrhundert gerade am Laienkelch entzündete, der den Hussiten als Erkennungszeichen diente. Grenzen zwischen innen und aussen
Und dann die zweite Entfaltung: Die Stärkung der Gemeinschaft nach innen impliziert auch eine Grenzziehung nach aussen. Dies geht ob der bisweilen recht pathetischen Gemeinschafts-Rhetorik gerne vergessen, obwohl es untrennbar dazu gehört. Beim gemeinsamen Essen wird das deutlicher als bei anderen Ritualen: Wird die Gruppe nach innen gestärkt, dann sind am Tisch, aus welchen Gründen auch immer, nicht alle willkommen; und wer nicht am Tisch sitzt, gehört nicht dazu. Vor diesem Hintergrund können auch die anhaltenden Diskussionen über die Zulassung zum Tisch des Herrn verstanden werden. Das betrifft nicht nur die Zulassung von Konfessionslosen und Angehörigen anderer Konfessionen, sondern auch jene von (vermeintlichen) Sündern aller Art. Dass bestimmten Gruppen die Teilnahme am Abendmahl vorübergehend oder prinzipiell verwehrt wird, dient immer auch der Demonstration der eigenen Glaubenszugehörigkeit und Rechtgläubigkeit, und manchmal auch der Disziplinierung – ein berühmtes Beispiel dafür ist der Ausschluss des Kaisers Theodosius von der Messe, mit dem Ambrosius den Kaiser im Jahr 390 schliesslich zur Busse zwingen konnte. Das bisher Gesagte betont mit dem Aspekt der Festigung des Bestehenden eine konservative Grundtendenz von Ritualen. Diese lässt sich auch noch schärfer formulieren: Im Ritual werden ideologische Grundlagen gestärkt, soziale Normen werden in die Körper eingeschrieben, die Autorität der Ritual-Spezialisten wird legitimiert und manchmal auch die Herrschaft überhaupt. Auch wer diese Einschätzung teilt, wird je nach Kontext differenzieren müssen: In Situationen etwa, in denen Kultgemeinschaft und...


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