Ambjørnsen Flammen im Schnee
aktualisierte Neuauflage 2014
ISBN: 978-3-942822-83-1
Verlag: HEY Publishing GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 6, 142 Seiten
Reihe: Peter und der Prof
ISBN: 978-3-942822-83-1
Verlag: HEY Publishing GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Schwul, na und? Warum manche es hassen, wenn andere sich lieben, können Peter und der Prof so gar nicht nachvollziehen. Die Taten eines mysteriösen Feuerteufels zu ergründen, ist da schon eher ihr Fall.
Es war dunkel, er konnte ganz in der Nähe sein – ich hörte keine Schritte mehr. Ich blieb stehen und ging in die Hocke, denn jetzt quälte mich der Rauch und ich wusste, dass die Luft am Boden besser sein würde. Es ist nicht meine Aufgabe, diesen Typen festzunehmen, dachte ich. Aber es ist meine verdammte Pflicht, einen Blick auf ihn zu werfen oder es wenigstens zu versuchen, damit die Bullerei brauchbare Anhaltspunkte hat.
Während sich Oslos jüngste Privatdetektive mutigen Herzens auf Pyromanenjagd begeben, kommen ihnen Zweifel an der Courage von Gøran. Profs älterer Bruder arbeitet für die größte Zeitung der Stadt und schafft es nicht, die üble Schmutzkampagne gegen einen schwulen Prominenten zu verhindern – und das, obwohl es sich bei dessen Partner um Gørans und Profs Bruder Leif handelt. Als in die Wohnung des Paares eingebrochen wird, offenbaren sich Zusammenhänge, denen Peter und der Prof unbedingt auf den Grund gehen wollen ...
»Flammen im Schnee« ist der sechste Band der Jugendkrimi-Reihe Peter und der Prof – wo Rauch ist, da ist auch Feuer!
Aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs.
Autoren/Hrsg.
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Schneeschmelze im Dezember
Es war wirklich Zeit, nach Hause zu gehen. Es war fast halb zwei und ich kriegte so langsam die richtige Bettschwere. Bjørn und Morten hatten sich schon davongemacht, zusammen mit Trude. Gro hatte sich René gekrallt und sich mit ihm im Schlafzimmer der Eltern eingeschlossen. Der Prof und Jorun hatten sich im Badezimmer verbarrikadiert, ich konnte hören, dass sie in der Badewanne Wal und Stockente spielten. Draußen auf dem Balkon machte Jon sich für seine übliche Fassadenkletterernummer bereit, das machte er immer, wenn er zwei Bier zu viel intus hatte. Diesmal hatte ich keinen Bock auf den Versuch, ihm das auszureden. Gros Wohnung lag schließlich im ersten Stock und außerdem war seit gestern ganz schön viel Schnee gefallen. Um mich herum herrschte das Chaos. Es war kein wildes Fest gewesen, aber es passiert ja so leicht, Kartoffelchips in den Teppich zu treten und Aschenbecher und Gläser rumzustoßen, wenn man tanzt und ein bisschen aufgekratzt ist. Wer einen aufgeblasenen Gummi an die Lampe gehängt hatte, wusste ich allerdings auch nicht. Ich stand auf, ging in die Küche und warf schnell zwei Löffel kaltes Chili con Carne ein, dann machte ich mich auf den Weg zum Badezimmer. Ich klopfte an. »Prof. Könnt ihr nicht mal bald den Stöpsel rausziehen? Diese Party scheint zu Ende zu sein. Und ich will jetzt nach Hause und ins Bett.« Kichern und Platschen. »Der Prof sagt, ihr hättet Platz im Taxi?«, fragte Jorun. »Aber sicher doch«, antwortete ich. »Aber die Badewanne könnt ihr nicht mit auf den Rücksitz nehmen. Und ich bin da nicht mal zu einem Versuch bereit.« »Sei doch nicht so ungeduldig!«, mahnte der Prof. »Es ist halb zwei«, sagte ich. »Und ich kipp gleich um. Ich ruf jetzt ein Taxi. Um diese Zeit dauert das meistens eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten, aber vielleicht geht es ja auch schneller. Mit anderen Worten: Ihr solltet euch ganz schnell den Rücken abtrocknen.« Sie versuchten ein paar Proteste, aber die waren ziemlich halbherzig. Es hörte sich jedenfalls so an, als ob sie aus der Badewanne stiegen. Ich rief die Zentrale an und die Frau dort versprach mir ein Auto, das in einer halben Stunde kommen sollte. »Zehn Minuten!«, rief ich den beiden Badelöwen zu. »Wir haben Glück!« Irgendwas da drinnen kippte um und die Laune des Prof näherte sich dem Nullpunkt. Das entnahm ich den Worten, mit denen er Jorun erzählte, was ich für ein Langweiler wäre. Draußen war es sternenklar und einige Grad minus. »Und wo steckt jetzt das Taxi?«, fragte der Prof und starrte mich skeptisch an, während er die rechte Hand als Handtuch für seine nassen Haare benutzte. »Tja …«, sagte ich. Jorun lachte. Sie lachte fast immer. Ihre munteren blauen Augen wanderten vom Prof zu mir und wieder zurück. »Du kapierst doch wohl, dass er uns verarscht hat, Prof?« Der Prof stellte seine Fingerfrottiererei ein und fragte eiskalt: »Stimmt das, Pettersen?« »Verarscht? Ich hab ja wohl niemanden verarscht!« »Und was hat die Taxizentrale dir gesagt, Peter?« »Weiß ich nicht mehr genau«, behauptete ich. »Aber ich hatte den Eindruck, dass es schnell gehen würde.« Er stöhnte und drehte sich zu Jorun um, die wieder losprustete. »Hast du das gehört, Jorun? Peter Pettersen hat mit der Taxizentrale gesprochen und einen Eindruck bekommen! Ich glaube, ich ticke aus! Meine Haare sind bis in die Wurzeln gefroren, raffst du das nicht?« »Da ist es doch schon!«, sagte ich. Eine Viertelstunde zu früh. Hin und wieder muss der Mensch eben etwas Glück haben haben! Als wir losfuhren, konnten wir sehen, dass Jon sich gerade mit einem Laken vom Balkon abseilte. »Der spinnt ja vielleicht!«, sagte der Prof. »Vielleicht«, meinte ich. »Wenn es normal ist, alles wegzufressen und sich dann für den Rest des Abends in die Badewanne zurückzuziehen, wenn man bei jemandem eingeladen ist.« Und Jorun lachte. Jorun wohnte in der Schweigaardsgate, gleich beim Harald Hårdrådes Plass. Wir fuhren zuerst zu ihr. Der Prof sprang blitzschnell aus dem Taxi, um ihr die Tür zu öffnen. Und als der erfahrene Mann von Welt, der er gerne sein wollte, brachte er natürlich die volle Nummer. Begleitete sie zur Tür, dann gab's einen Kuss auf beide Wangen und aufs Maul und (nehme ich an) einige wohlgesetzte Floskeln, die er wahrscheinlich in irgendeinem Roman gefunden hatte. »Romantischer Typ«, sagte der Taxifahrer. »Das können Sie wohl sagen«, sagte ich mit Blick aufs Taxameter. »Hupen Sie doch bitte mal energisch.« Der Taxifahrer seufzte und beugte sich vor. »Bring ich nicht übers Herz. War ja auch mal jung, nicht? Dachte schon, heute würde niemand mehr in der Haustür rumknutschen.« Er drehte sich zu mir um und musterte mich mit Augen, die in dem runzligen Gesicht jung, echt nagelneu wirkten. »Keine Panik. Ich weiß, was die Tour von hier nach Torshov kostet.« Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Dachte an meine Bettdecke. An die weiche Matratze. Das Kopfkissen. Und ich dachte an den Prof. Meinen besten Kumpel, der in Torshov einen Stock unter mir wohnte. Wir kannten uns schon vom Sandkasten mit den zwei blauen Plastikspaten her und hatten zusammen einige wahnwitzige Abenteuer erlebt. Wenn wir beide zusammen waren, und das waren wir eigentlich fast immer, schienen wir Menschen anzuziehen, die in einer Krise steckten oder auf irgendeine Weise Ärger hatten. Die letzten Monate waren verhältnismäßig ruhig gewesen und ich dachte, dass das wohl davon kam, dass wir zum ersten Mal nicht pausenlos zusammen waren. Jorun Olsen war in unser Leben getreten. Der Prof hatte sich ganz einfach eine Freundin zugelegt. Es war fast nicht zu glauben. Da hatte er jahrelang Komplexe wegen seiner Wampe mit sich rumgeschleppt. Einige Male war er total fertig gewesen und hatte mir anvertraut, dass er niemals bei irgendeiner landen würde, und dann stand eines Tages ganz plötzlich Jorun Olsen da und wollte ihn, und das am liebsten rund um die Uhr. Fast wurde ich ein bisschen eifersüchtig. Die beiden hatten viele Gemeinsamkeiten. Beide waren ziemlich kluge Leute. Und beide interessierten sich für so abgelegene Dinge wie amerikanische Filme aus den vierziger Jahren und Bücher von Leuten, von denen kein Mensch außer ihnen je gehört hatte. Jorun war »ein Fund«, wie der Prof sagte. In Wirklichkeit hatte sie ihn gefunden. In der Stadtbücherei. Am Regal für übersetzte Lyrik. Ein romantischerer Start für eine Beziehung war ja wohl kaum vorstellbar. Jedenfalls nicht für den Prof und Jorun Olsen. Jetzt kam er angelatscht. Riss die Tür auf und ließ sich auf den Rücksitz fallen. Der Taxifahrer fuhr los und rutschte die Straße hinunter. »Jetzt hoffe ich ja bloß, dass du nicht zu viel versprochen hast«, sagte ich. »Wenn du einer Frau erzählst, dass du sie für den Rest deines Lebens lieben wirst, dann bist du in der Regel auf Kollisionskurs mit der Wirklichkeit. Rein statistisch …« »Halt die Klappe, Peter! Du hast mir heute Abend die ganze Tour vermasselt, ist dir das klar?« »Ach, ja? Meinst du, du wolltest ihr gerade die Ohren waschen, als ich angefangen habe rumzunerven?« Er grinste. »Sie ist wirklich in Ordnung, Peter.« »Stimmt. Ich finde, ihr habt einander verdient.« »Meinst du wirklich?« »Natürlich. Und ich lade sie auch nicht mehr ins Kino ein, wenn du mit deinen Eltern wandern gehst. Davon krieg ich ganz einfach ein schlechtes Gewissen!« »Du, dabei hattest du auch keine glückliche Hand. Allein schon die Vorstellung von Jorun im Spaghettiwestern!« Ich hielt die Klappe. Er hatte wie üblich das letzte Wort gehabt. Ich würde es nie lernen! Wir fuhren durch die nachtstillen Straßen. Bei den einzigen Menschen, die zu sehen waren, handelte es sich um irgendwelche Festteilnehmer, die auf wackeligen Beinen ihre Betten und neue Träume ansteuerten. Ich fuhr um diese Zeit gern durch die Stadt. Denn nachts gehen die Menschen eine Art Waffenstillstand ein. Alle, die sich zu Hause oder beim Job streiten, schlafen jetzt wie die Wickelkinder und träumen vielleicht davon, über grüne Wiesen zu schweben. Das dachte ich mir jedenfalls so. Aber als wir nach Birkelunden kamen, nahm die Idylle ein jähes Ende. Ein Streifenwagen stand quer über der Straße und zwei Uniformierte winkten uns zurück. Weiter vorn konnte ich zwei Feuerwehrwagen und eine Masse Leute sehen, die eines von den alten Steinhäusern anglotzten. Ich kurbelte das Fenster runter und streckte den Kopf hinaus. Aus dem vierten Stock quoll kohlschwarzer Qualm und durch Spalten im Dach stiegen dünne Rauchsäulen zum Nachthimmel hoch. »Muss wohl umdrehen«, murmelte der Taxifahrer und legte den Rückwärtsgang ein. »Wir steigen hier aus«, sagte der Prof und griff nach seiner Brieftasche. Ich zog auch mein Geld aus der Tasche und wir teilten uns wie verabredet den Fahrpreis. Der Fahrer salutierte und bat uns, Jorun von ihm zu knutschen. Dann verschwand er mit seinem AD 25478 in Richtung Stadtmitte. In Birkelunden standen massenhaft Leute auf der Straße herum. Und in den Nachbarhäusern hingen die Gaffer in den Fenstern. Wenn irgendwer in dieser Gegend im Moment davon träumte, über grüne Wiesen zu schweben, dann musste es sich dabei um Säuglinge oder Pillenfreaks handeln. »O verdammt!«, sagte der Prof. »Das sieht aber ganz schön dramatisch aus. Wenn da oben noch Leute sind …« Die beiden...