Ambjørnsen | Die blauen Wölfe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 129 Seiten

Reihe: Peter und der Prof

Ambjørnsen Die blauen Wölfe


Überarbeitete Neuausgabe 2014
ISBN: 978-3-942822-82-4
Verlag: HEY Publishing GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 5, 129 Seiten

Reihe: Peter und der Prof

ISBN: 978-3-942822-82-4
Verlag: HEY Publishing GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Dass die Tierquälerei der Pelzindustrie eine große Sauerei ist, steht für Peter und den Prof fest. Aus diesem Grund haben sie Verständnis für so manche illegale Aktion von Tierschützern. Als jedoch die radikalen »Blauen Wölfe« mit Mitgliedern ihrer Familien aneinandergeraten, machen sich die beiden Jungdetektive auf die Jagd nach dem Rudel.

»Was ist los?«, fragte Tante Edith ängstlich. »Stimmt etwas nicht?«
Ich riss dem Prof die Karte weg. Es war eine kurze, maschinengeschriebene Nachricht. Ich las laut vor: »DAS MIT DEM SALTO TUT UNS LEID!«
Die Karte war unterschrieben: »DIE BLAUEN WÖLFE«.
»Die Blauen Wölfe?« Tante Edith schien nur noch Bahnhof zu verstehen. »Das begreife ich nicht, da muss jemand sich einen Witz mit mir erlauben. Aber so schöne Rosen!«

Während sich die Tierschützer bei Profs pelztragender Tante Edith für das bei einem unsanften Zusammenstoß verpasste Veilchen mit einem Strauß Rosen entschuldigen, sucht Peter nach einer Erklärung für das merkwürdige Verhalten seines Vaters. Ist Rolf Pettersen etwa sein später und unverhoffter Künstlerruhm zu Kopf gestiegen? Wer ist die junge Frau, die immer öfter an seiner Seite zu sehen ist? Und wo besteht der Zusammenhang zu den »Wölfen«? In größter Sorge um die Ehe seiner Eltern scheut Peter keine Mühen, eine Antwort auf all diese Fragen zu finden.

»Die Blauen Wölfe« ist der fünfte Band der Jugendkrimi-Reihe Peter und der Prof – weg mit dem Schafspelz!

Aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs.

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Autoren/Hrsg.


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Totempfahl in Sherrysoße
Vernissage. Wärnissasch. Ich ließ mir dieses neue Wort wirklich auf der Zunge zergehen. Dabei fühlte es sich jedenfalls gut an. Wenn ich es aussprach, strömte es heraus, mit einem kleinen Zischlaut zwischen den Zähnen. Französisch, hatte der Prof gesagt. Vernissage ist Französisch und bedeutet ‘Eröffnung’ oder so was. Na gut, hatte ich gedacht. Eröffnung ist gut. Loch in der Mauer. Denn endlich konnte mein Vater seinen Kopf hervorstecken und dem Rest der Welt »Guten Tag« sagen. Und ich, Peter Pettersen, würde in Zukunft nicht mehr vor Verlegenheit rot anlaufen müssen, wenn mich irgendwer fragte, was mein Vater so machte. Beim nächsten Mal, wenn jemand diese Frage stellte (die sie sicher für ziemlich harmlos hielten), würde ich antworten können: Er ist Künstler. Und dann würde ich ‘Vernissage’ denken. Von jetzt an, dachte ich, spielt es auch keine Rolle mehr, dass er aussieht wie ein Idiot. Denn dass Künstler anders aussehen als andere Leute, wissen ja wohl alle. Neulich hatte ich in der Zeitung etwas über einen Maler gelesen, der sich jeden Tag am ganzen Körper blaugrün anmalte, und im Vergleich zu dem musste mein Vater mit seiner Matte von einem halben Meter doch geradezu normal wirken. Dass mein Vater mit seiner ‘Kunst’ einfach nicht vom Fleck gekommen war, hatte mir mehr zu schaffen gemacht, als ich zugeben mochte. Solange ich mich erinnern konnte, saß er schon im Keller und schnitzte an Figuren und Totempfählen herum, oder er malte oder modellierte in Ton. Wie oft er diese mehr oder weniger unbegreiflichen Produkte zu Ausstellungen und Wettbewerben eingereicht hatte, ahnte niemand - aber die ganze Familie wusste zumindest gut, dass alles mit einem »Wir bedauern, Pettersen« zurückgekommen war. Und dann hatte Pettersen sich bedauert. Bei mir, bei Mutter und bei Klein-My, die zum Glück zu klein war und nicht kapierte, warum der Alte so herumnervte. Manchmal machten diese ewigen Niederlagen ihn sauer und wütend, manchmal auch nur stumm und verschlossen. Mindestens hundertfünfzig Mal hatte ich versucht, ihn zu überreden, sich eine richtige Arbeit zu suchen, und ein paar Mal hatte er das auch getan - aber das hielt nie länger als ein paar Wochen vor. Dann wurde er aus irgendeinem Grund gefeuert, oder er kündigte selber. Und jedes Mal brachte er dann denselben Spruch: »Ich prostituiere mich nicht, Leute. Ich weiß, was ich kann, und ich lasse mich nicht wie den letzten Dreck behandeln.« Die ‚Leute‘ waren Mutter, My und ich. Und Mutter seufzte und war müde, und am nächsten Tag ging sie ins Theater, wo sie Eintrittskarten verkaufte, damit Vater und My und ich ein Dach über dem Kopf und Butter auf dem Brot haben konnten. »Wartet nur«, sagte Vater dann immer. »Eines Tages werdet ihr sehen. Eines schönen Tages!« Und nun war dieser schöne Tag also gekommen. Ein dänischer Kunstmaler namens Preben Gundersen hatte sich nämlich aus irgendeinem Grund in unseren Keller verirrt. Dort hatte er Vater vorgefunden, der sich gerade über einen riesigen Holzklotz hergemacht hatte. Und Gundersen, der im Gegensatz zu meinem Vater ein echter Künstler war und gebeten wurde, seinen Kram in Dänemark und anderswo auszustellen, war einfach total ausgetickt, als er Vaters indianische Handschrift gesehen hatte. Er war nicht nur begeistert, nein, er war außer sich vor Freude. Später erzählte Vater, dass Gundersen losgestürzt war und eine Flasche Gammel Dansk gekauft hatte, das ist ein dänischer Schnaps, der wie Hustensaft schmeckt. Viele Stunden später konnten Mutter und ich Gundersen aus der Wohnung vertreiben, und als seine überlaute Stimme auf der Straße langsam verklang, sagte Vater: »Meine Damen und Herren, die Stunde des Glücks ist da!« Wir schafften ihn ins Bett, und weder Mutter noch ich hielten sein Gefasel für etwas anderes als eben Gefasel im Suff. Der nächste Tag war ein Samstag, und als ich ins Bett ging, fürchtete ich mich schon vor Vaters schwachsinnigen Ausflüchten am Frühstückstisch. Aber nichts da. Wer schon aufgestanden war, noch ehe My angefangen hatte zu quengeln, war Vater. Frisch wie eine Bergforelle. Als Mutter und ich so gegen neun angewackelt kamen, hatte er schon ein Riesenfrühstück mit Rührei und allen Schikanen zusammengebrutzelt. So etwas war in der Geschichte der Familie Pettersen einfach noch nie vorgekommen. Er wollte weder über seine neuen Holzklötze noch über Preben Gundersen viel erzählen und schon gar nichts darüber, was Gundersen gesagt hatte - aber irgendwas lag ja in der Luft. Allein schon, dass Vater so früh aufgestanden war, war fast etwas beängstigend. Normalerweise ließ er sich vor elf nicht blicken, jedenfalls nicht an Wochenenden. Und als er laut im Duett mit Wencke Myhre, die gerade im Radio herumschrie, zu singen anfing, warf Mutter mir einen Blick zu, aus dem ich nicht ganz schlau wurde. Sie sah aus, als ob sie gleichzeitig entsetzt und glücklich wäre. Erst etwas über eine Woche später erfuhren wir, dass Preben Gundersen nach diesem Abend bei uns nicht einfach nach Hause gegangen war. Mit Gesang und Gebrüll hatte er sich durch die ganze Stadt durchgeschlagen, von Torshov, wo wir wohnen, bis nach Skøyen. Und dort draußen hatte er einen Typen namens Gunnar Franzen geweckt und ihm erzählt, dass er, Preben Gundersen, in Bentsebrugata 12, Oslo 4, im Keller einen waschechten Indianer gefunden hatte und dass er mit eigenen Händen Franzens Haus abreißen würde, wenn Franzen diesen begabten Indianer nicht mit offenen Armen aufnahm - und das ein bisschen plötzlich. Gunnar Franzen hatte eine Galerie, und diese Galerie war eine der begehrtesten im ganzen Land. Bei Franzen stellten viele von Norwegens bekanntesten Künstlern aus. Natürlich hatte ein erfolgreicher Galerist wie Franzen nicht einfach so »ja« zu Gundersens wilder Forderung gesagt. Aber er sagte »ja«, als er Vaters Holzklötze inspiziert hatte. Vaters Arbeiten, wie wir sie dann später nannten. Mutter weinte, als die beiden ins Zentrum und zum Künstlerhaus latschten, um dieses Ereignis zu feiern. Ich atmete nur erleichtert auf.   Die Galerie Hagen lag in einem großen Garten. Hohe Blutbuchen warfen ihre Schatten über Rasen und Blumenbeete. Das Haus selber war uralt, aber frisch renoviert. Der Anstrich war so weiß, frisch, dass er glänzte, und alle Fenster waren neu eingelassen. Im Erdgeschoss, zum Garten hin, lag eine große Veranda mit einer breiten Glastür, die in die Ausstellungsräume führte. Jetzt waren die Flügel der Glastür weit aufgerissen, und die Leute strömten ein und aus. Es war ein Sonntag im September, und die Sonne strahlte, als ob sie sich einbildete, dass in Norwegen immer noch Sommer wäre. Überall waren Leute. Leute, Leute, Leute! Leute, die ich kannte, und Leute, von denen ich nie eine Spur gesehen hatte. Der Prof und ich hatten beschlossen, es wäre doch ein bisschen bescheuert, zusammen mit den Alten anzutanzen, und deshalb hatten wir am Hafen ein Eis gegessen, ehe wir uns auf den Weg nach Frogner machten. Aber jetzt war das Fest jedenfalls voll in Gang. Es war erst halb drei, aber Preben Gundersen, den ich im Gewühl auf der Veranda kurz sah, wirkte schon ganz schön beschwipst. »Himmel«, sagte ich. »Hier ist ja ordentlich was los!« Der Prof warf Zitronendrops ein, ohne mir eins anzubieten. »Hast recht.« Er verzog keine Miene in seinem runden Gesicht, als er sich das ganze Gewimmel ansah. »Gehen wir jetzt tausend Hände schütteln?« Er steckte die Dropstüte in die Jackentasche. »Haben die da drinnen was zu knabbern?« »Kann ich mir unmöglich vorstellen«, antwortete ich. »Vielleicht ein paar Erdnüsse. An einem Tag wie heute wollen sie bestimmt vor allem Flüssiges.« Der Prof grunzte und setzte sich in Bewegung. Wie ein Eber, der den Trog checken will, dachte ich leicht boshaft. Übrigens widmete ich dem Prof so im Alltag nicht sehr viele boshafte Gedanken. Denn dieser Typ war immer mein bester Kumpel gewesen, seit wir den ersten Schritt getan hatten. Er wohnte einen Stock unter uns in Torshov und er war ein sogenannter Nachkömmling - das bedeutet, dass er zwei viel ältere Brüder und ziemlich alte Eltern hatte. Er war ein Bursche mit seltsamen Interessen und einem scharfen Verstand, der mich ab und zu an meinen eigenen Fähigkeiten verzweifeln ließ. Ich konnte diesen Typen nur in Dingen schlagen, die mit Sport zu tun hatten. Denn der Prof war ein Vielfraß allererster Sorte, und es war ihm egal, dass sein Hintern jeden Tag fetter wurde. Wir kamen an Mutter und ein paar anderen Frauen vorbei, als wir zur Verandatreppe gingen. Sie hatte sich die Haare wieder mit Henna rot gefärbt und trug zur Feier des Tages eins ihrer verrückten Kleider. Sie sah aus wie ein Papagei mit Übergewicht. »Gibt’s da drin auch was zu Futtern?«, fragte ich im Vorübergehen. »Dem Prof geht’s nicht gut. Er hat seit über einer halben Stunde nichts mehr zwischen die Zähne bekommen.« »Ja, Himmel«, sagte Mutter. »Kanapees.« Kanapees? Noch ein Fremdwort, dachte ich. Jetzt habe ich gerade erst Vernissage einstudiert, da schlagen sie auch schon mit Kanapees zu. »Kleine Brote«, erklärte der Prof ungeduldig. »Mit allem Möglichen.« Er ging voran in den Ausstellungsraum, wo ein langer Tisch mit den kleinsten Broten bedeckt war, die ich in meinem Leben je gesehen hatte. Aber belegt waren sie reichlich. Mit Krabben und Lachs, Krebsfleisch und Schinken und Gott weiß was. Ich hatte keinen Hunger, deshalb warf ich nur rasch zwei mit Krabben ein, während der Prof natürlich das volle Programm durchziehen wollte und anfing, die Kanapees auf...


Ambjørnsen, Ingvar
Ingvar Ambjørnsen wurde 1956 in Norwegen geboren. Nach einer kurzen Schulkarriere begannen lange, unruhige Jahre in den Randgruppen der Gesellschaft, seiner informellen Ausbildung zum Schriftsteller. Inzwischen gilt er nicht nur in Norwegen als erfolgreicher Autor. Seit 1985 lebt er in Hamburg und erhielt u. a. nach dem Hamburger Literaturstipendium 1986 das Literaturstipendium 1988 der Stadt Lübeck mit Stadtschreiberwohnung im Buddenbrook-Haus, darüber hinaus wurden seine »Elling«-Romane verfilmt.
Zuletzt erschien von ihm der Roman »Die Nacht träumt vom Tag« im Hamburger Nautilus Verlag.

(C) Autorenfoto: Christine Poppe



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