Ahrbeck / Felder | Geboren im falschen Körper | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 233 Seiten

Ahrbeck / Felder Geboren im falschen Körper

Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-17-041240-8
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen

E-Book, Deutsch, 233 Seiten

ISBN: 978-3-17-041240-8
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kaum ein Thema wird gegenwärtig so intensiv diskutiert wie die Transsexualität. Immer mehr Kinder äußern das Gefühl, im falschen Körper zu stecken, immer häufiger wird der Wunsch geäußert, das Geschlecht zu wechseln. Bei den allermeisten Kindern und Jugendlichen erweist sich die Genderdysphorie aber als ein Übergangsphänomen. Das verweist darauf, wie vorsichtig vorgegangen werden muss, wie wichtig Beratung, Unterstützung, Therapie sind. Die Genderdysphorie wird in diesem Buch von führenden Fachleuten aus medizinischer, psychologischer und pädagogischer, philosophischer und sozial-ethischer Perspektive betrachtet. Fallberichte und Erfahrungen von Betroffenen ergänzen diese Ausführungen.

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Vorwort
Wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht: Ob jemand »im falschen Körper geboren« ist oder noch weitergehend: ob sich das Geschlecht dem freien Willen unterwerfen lässt und die Biologie übersprungen werden kann – das ist zu einem großen gesellschaftlichen Thema geworden. Was als Anliegen eines ursprünglich sehr kleinen Personenkreises begann, hat eine erhebliche Breitenwirkung erzielt. Transgender ist inzwischen in aller Munde. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit einer Genderdysphorie hat sich im letzten Jahrzehnt auf wundersame Weise vermehrt und Umwandlungswünsche nehmen zu. Die Probleme, die dadurch entstehen, sind ebenso vielschichtig wie schwerwiegend. Sie korrespondieren mit einer gesellschaftlichen Entwicklung, die das Verhältnis der Geschlechter grundlegend auf den Prüfstand stellt, auf eine Art, die sich nicht immer leicht durchschauen lässt. Mal geht es um soziale Prägungen und die Warnung, das (weibliche) Erleben und Verhalten dürfe nicht als biologisch determiniert verstanden werden. Ein anderes Mal wird tieferliegenden psychischen Differenzen nachgespürt, oft verbunden mit der Frage, ob und wie sie sich ausgleichen, wenn nicht sogar gänzlich nivellieren ließen. Die Überwindung des Binären ist zu einer populären Formel geworden. Sie erstreckt sich schon längst nicht mehr auf das Psychische, von dem bereits Freud annahm, dass sich in jedem Menschen weibliche und männliche Züge mischen. Selbst das Körperliche wird zur Disposition gestellt: Es soll ebenfalls, glaubt man dem sich ausbreitenden Dekonstruktivismus, nur sozial produziert sein und sich deshalb nach inneren Gewissheiten umdefinieren lassen. Die damit einhergehenden Irritationen wirken sich auch auf die nachwachsende Generation aus. Zumal dann, wenn die Verunsicherung von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität zum pädagogischen Programm erhoben und Transition medial propagiert wird, was vor allem im angloamerikanischen Sprachraum nicht selten geschieht. Diese bedenkliche Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene in eine erhebliche Not geraten können, wenn sie das Gefühl haben, im falschen Körper zu leben. Für sie kann eine Transition der beste Weg sein. In diesem Wunsch sind sie anzuerkennen, vor Entwertungen und Übergriffen müssen sie geschützt werden. Das ist so selbstverständlich, dass es kaum noch einer Betonung bedarf. Zugleich bedeutet diese Feststellung nicht, dass dem Willen von Kindern und Jugendlichen bedingungslos gefolgt werden muss, ohne Beratung und Therapie, ohne fachärztliche Untersuchung, eventuell sogar gegen das elterliche Votum. Im Sinne einer Fürsorgepflicht, der Wahrung des Kindeswohls, ist ein solches Vorgehen nicht vertretbar, auch wenn es von einigen Betroffenen eingefordert wird. Dazu sind die Entwicklungsverläufe zu unvorhersehbar, die irreversiblen Folgen operativer Eingriffe zu gravierend, ihre Langzeitfolgen zu ungewiss. Insofern weisen nationale und internationale Gesetze und Gesetzesentwürfe, die Kinder ab 14 Jahren allein entscheiden lassen wollen, in die falsche Richtung. Sie überlassen Kinder sich selbst und übertragen ihnen Verantwortung, der sie noch gar nicht gewachsen sind. Die einfache Formel, es gehe um eine menschenrechtlich abgesicherte »Selbstbestimmung«, greift zu kurz. Aufgrund einer affirmativen Haltung, die sich bis in Gesetzestexte hinein ausgebreitet hat, wächst unter psychologischen und medizinischen Fachleuten, bei Eltern und Betroffenen die Sorge, dass Transitionswünschen zu schnell und unbedacht gefolgt wird. Ein wichtiger Ausgangspunkt für eine kritische Positionsbestimmung ist die Klage, die Keira Bell beim englischen High-Court gegen die Tavistock-Klinik angestrengt hat. Erstinstanzlich war sie damit erfolgreich. Ihr damaliges Empfinden sei wie selbstverständlich hingenommen und nie wirklich hinterfragt worden, deshalb habe sie eine übereilte Entscheidung getroffen, an deren Folgen sie nun ein Leben lang leide. Zudem melden sich zunehmend Detransitioner zu Wort, die ebenfalls in ihr altes Geschlecht zurückkehren wollen. Es ist also Vorsicht geboten. Um die Transidentität sind heftige Kämpfe entbrannt, die nicht nur die Frage betreffen, wer unter welchen Bedingungen über eine Transition entscheidet. Erstaunlicherweise entzünden sie sich besonders innerhalb der LGBTQ+-Gemeinschaft zwischen Feministinnen und Anhängern der Transgender-Bewegung. Während die einen, wie die Philosophin Kathleen Stock, darauf beharren, dass sich biologische Fakten nicht aus der Welt schaffen lassen, es also Männer und Frauen gibt, sehen andere darin einen Affront, der ihre Menschenwürde untergräbt. Kathlen Stock wurde daraufhin von Transgenderaktivisten über Monate dermaßen bedroht, dass sie ihre Professur an der University of Sussex (Brighton) resigniert aufgab. Ein Grund dafür dürfte in der schmerzlichen Zumutung liegen, die von einer Realität ausgeht, die sich nicht hintergehen lässt. Stock steht für diese Kränkung. Sie spricht aus, was ist: Über das biologische Geschlecht kann nicht frei bis in die Chromosomen und Keimzellen hinein verfügt werden. Insofern gibt es auch keine Geschlechtsumwandlungen, jedenfalls keine vollständigen, sondern nur eine begrenzte, mehr oder weniger gelungene Annäherung an das gewünschte Ziel. Dieser Band enthält Beiträge ausgewiesener Fachleute aus Medizin, Psychologie, Pädagogik, Psychotherapie, Philosophie und Sozialethik. Grundlegende Wissensbestände werden wiedergegeben, über unterschiedliche Positionen kritisch reflektiert, Praxisbeispiele vorgestellt. Dabei kommen auch Stimmen zu Wort, die ansonsten selten zu hören sind. Ziel ist es, sachliche Bezüge zu stärken, die in einem emotional aufgebrachten Diskurs über Genderdysphorie und Transgender häufig in den Hintergrund treten. Problematische Entwicklungen, die unübersehbar sind, werden benannt und ihre Konsequenzen beschrieben. Im ersten Beitrag (»Geboren im falschen Körper? Klinische und pädagogische Fragestellungen«) führen Bernd Ahrbeck und Marion Felder in die Thematik ein. Sie beschreiben eine kulturelle Entwicklung, die von konventionellen Zwängen und Verpflichtungen befreien möchte und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten einen hohen Stellenwert einräumt. Diese Entwicklung erstreckt sich auch auf Kinder, die – neuen Gesetzesentwürfen folgend – bereits mit 14 Jahren autonom über ihr Geschlecht und einen möglichen Geschlechtswechsel entscheiden sollen. Damit geht ein Rückzug der älteren Generation aus der Erziehungsverantwortung einher, der durch eine »emanzipatorische« Sexualpädagogik noch weiter gestärkt wird. Neben pädagogischen werden auch klinische Aspekte betrachtet. Der Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte liefert einen Überblick über das komplexe Thema Geschlechtsidentität bei Minderjährigen aus medizinischer und entwicklungspsychologischer Perspektive. Ausführlich erörtert er die Kontroverse um pubertätsblockierende Behandlungen und das aus medizinethischer Sicht fragwürdige Diktum einer »transaffirmativen Therapie«. Korte erläutert, welche entwicklungspsychiatrischen Aspekte und Differenzialdiagnosen zu beachten sind, insbesondere wenn eine Geschlechtsdysphorie während der Adoleszenz neu auftritt. Konsequenzen für die Praxis werden aufgezeigt (»Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen aus medizinischer und entwicklungspsychologischer Sicht«). Karla Etschenberg, Pädagogin und Biologie-Didaktikerin, beschäftigt sich mit biologischen Aspekten der Trans- und Intersexualität (»Sex, Gender, Inter und Trans als Themen für die Sexualbildung«). Aus pädagogischer Sicht betont sie, wie wichtig eine Akzeptanz körperlicher Unterschiede und sexueller Orientierungen ist und dass Vorurteile auch in der Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern abgebaut werden müssen. Feste Rollenmuster sollten hinterfragt und insofern darüber nachgedacht werden, warum es in den letzten Jahren zu einer so immensen Zunahme von Genderdysphorien bei Kindern und Jugendlichen gekommen ist. Der in der Behandlung transsexueller Jugendlicher und junger Erwachsener erfahrene Psychoanalytiker Alfred Walter berichtet aus seiner Praxis (»Zwischen allen Stühlen. Transsexuelle Jugendliche in der psychotherapeutischen Praxis«). Er verweist auf das erhebliche Spannungsfeld, das oft zwischen den Beteiligten (Behandler, Kinder, Eltern) entsteht und plädiert dafür, die jeweilige individuelle Entwicklung differenziert wahrzunehmen und nicht vorschnell dem normativen Druck aktueller Forderungen aufzusitzen. Es gilt zu verdeutlichen, dass eine Transition nicht alle Probleme löst und neue dadurch entstehen, dass ein vollständiger Geschlechtswechsel unmöglich ist. Annette Streeck-Fischer, Kinder- und...


Bernd Ahrbeck, Prof. Dr., International Psychoanalytic University Berlin. Marion Felder, Prof. Dr., Hochschule Koblenz, Fachbereich Sozialwissenschaften.



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