Abrahams | HELDEN (Traveler 7) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 250 Seiten

Reihe: Traveler

Abrahams HELDEN (Traveler 7)

postapokalyptischer Roman
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-95835-822-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

postapokalyptischer Roman

E-Book, Deutsch, Band 7, 250 Seiten

Reihe: Traveler

ISBN: 978-3-95835-822-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



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Prolog
  17. März 2054, 21:00 Uhr
21 Jahre und 6 Monate nach dem Ausbruch
Eine Meile südlich des Walls, Nord-Texas   Der Späher pfiff. Die Luft war rein. Zeit, zu verschwinden. Andrea Cruz war schon jetzt außer Atem. Ein Schweißfilm überzog ihr Gesicht und ließ ihr langes, obsidianschwarzes Haar auf der Stirn kleben. Mit einer Hand umfasste sie die Unterseite ihres Bauches und spürte die leise Bewegung des Lebens, das in ihr heranwuchs. Mit der anderen umklammerte sie das Handgelenk ihres Sohnes. Der Sechsjährige war still. Kein einziges Wort hatte er in der letzten Stunde dieser zermürbenden Reise gesagt. »Ich kann nicht mehr«, sagte sie atemlos zu dem Mann, der sie führte. »Wir werden es nicht schaffen. Es ist zu weit.« Der Mann, der ihr gesagt hatte, sie solle ihn Zorro nennen, schüttelte den Kopf. Obwohl er flüsterte, war der Frust in seiner Stimme deutlich zu hören. »Wir gehen jetzt weiter, oder ich lasse dich hier zurück.« »Ich habe dich bezahlt«, beschwerte sie sich. »Nicht genug«, sagte Zorro. »Ja oder nein? Kommst du mit oder bleibst du hier?« Schnaufend verfluchte sie den Mann und wischte sich mit der Rückseite ihres Unterarms über die Stirn. »Gut«, sagte sie. »Wir gehen weiter.« Sie kauerten hinter einem dunklen, zweistöckigen Gebäude am nördlichen Rand der namenlosen Stadt, ganz in der Nähe der mit einem Wall bewehrten Grenze, die Texas von den ehemaligen Vereinigten Staaten von Amerika trennte. Es war eine wolkenlose Nacht, nicht gerade geeignet für den Versuch, sich auf die andere Seite des Walls in die Freiheit zu schleichen. Der Mond stand im ersten Viertel und reflektierte gerade genug Sonnenlicht, um die Landschaft in ein mattes Weiß zu tauchen. Zwischen dem Stadtrand und dem Wall gab es nichts als tote Felder und gelegentlich eine Baracke oder einen Wachstand. »Haltet euch gebückt«, sagte Zorro. »Wir überqueren die Straße und schlagen uns ins Feld. Dort sind wir geschützt durch das hohe Gras. Bleibt ja unten.« »Bueno«, sagte sie. »Verstanden.« Zorro steckte sich zwei Finger in den Mund und pfiff. Der Späher erwiderte das Zeichen. Zorro begann zu rennen, geduckt, als wiche er unhörbaren Schüssen aus, und sprintete über den Highway in Richtung des Feldes. Andrea griff ihren Sohn mit beiden Händen, packte ihn unter den Armen und hob ihn an ihre Hüfte. Sie rannte hinterher. Ihre Füße schmerzten, ihre untere Rückenpartie ebenfalls. Ihr Sohn wimmerte leise, während er hin und her geschaukelt wurde, und beschwerte sich auf diese Weise, dass er Hunger hatte. In diesen kurzen Sekunden, in denen sie über den Highway lief, fühlte sie sich nackt. Der Mond leuchtete ihr viel zu hell. Ihre Schritte, so behutsam sie ihre Füße auch auf den rissigen Asphalt des Highways aufzusetzen versuchte, dröhnten laut in der leisen, windstillen Nacht. Sie hatte Zorro ihr letztes Geld gegeben, damit er ihnen bei der Flucht auf die nördliche Seite des Walls half. Wenn sie es jetzt nicht schafften, würden sie nie wieder eine Chance bekommen. Der Wall war so sehr eine Barriere zwischen Freiheit und Unterdrückung, wie er es immer gewesen war. In gewisser Weise war er nur das erste Hindernis auf dem Weg zu einem Leben, das zumindest an so etwas wie Selbstbestimmung erinnerte. Vor Jahren, nach dem Ausbruch der Krankheit, aber noch vor der Dürre, hatte die Regierung den Wall errichtet, um den Zusammenbruch der Zivilisation auf Texas zu begrenzen. Damals hatte eine lose zusammenhängende Gruppe von Banden, die sich das Kartell nannte, rücksichtslos die Kontrolle über die Region südlich des Walls übernommen. Dann war das Kartell untergegangen, niedergekämpft von den Dwellern. Sie waren noch schlimmer gewesen als das Kartell und hatten, nachdem auch sie untergegangen waren, ein Machtvakuum hinterlassen. Zahlreiche kleinere, miteinander konkurrierende Banden waren das Ergebnis gewesen. Texas war wieder zum Wilden Westen geworden. Daran hatte sich in den letzten zwei Jahrzehnten nichts Wesentliches geändert. Statt von einem straff organisierten Kartell oder von Gruppen mit strukturierten Hierarchien beherrscht zu werden, war Texas zu einem Niemandsland geworden, nicht mehr als ein loser Zusammenschluss von unterschiedlichen Einflussgebieten. Die Grenzen blieben unscharf, und die Starken zwangen den Schwachen oder Ängstlichen ihren Willen auf. Die Regierung, oder das, was davon übrig war, konzentrierte sich hauptsächlich auf ihren militärischen Arm, der Recht und Ordnung mit harter Hand durchsetzte. Ihr Haupteinflussbereich lag zwar nördlich des Walls, aber sie war auch in Texas vertreten. Sie betrachtete es als ihre Aufgabe, die anarchischen Tendenzen in Schach zu halten und dafür zu sorgen, dass sie nicht auf das übergriffen, was einst die Vereinigten Staaten gewesen waren. Aber das war nicht alles. Es gab noch einen weiteren Grund, warum die Regierung ihre Truppen in den Pinienwäldern, in den Ebenen und im Hügelland des Lone Star State umherstreifen ließ. Nachdem es jahrelang praktisch nicht geregnet hatte, waren die Ernten und der Viehbestand stark zurückgegangen. Die Wirtschaft war zusammengebrochen. Die Regierung hatte verkündet, es gebe zu viele Menschen und nicht genug Nahrung. Deshalb war Andrea auf der Flucht. Sie erreichte das Feld, auf dem sich vor allem trockenes Unkraut ausbreitete. Beinahe ihr Kind fallen, als sie auf dem unebenen Boden über eines der dichten, hüfthohen Grasbüschel stolperte. Im letzten Moment griff Zorro hinter einem der Büschel hervor und hielt sie fest. »Gracias«, sagte sie und ließ sich neben ihn auf die Knie sinken. Das Atmen fiel ihr schwer. Ihre Brust schmerzte jetzt genauso wie ihr Rücken. Langsam setzte sie ihren Sohn auf den Boden ab. »Danke für deine Hilfe.« Zorro nickte und erhob sich wieder, um über das Gras hinweg in Richtung des Walls zu spähen. Er hockte sich wieder hin, beugte sich zu ihr und balancierte dabei auf seinen Zehen und Fingerspitzen. »Wir werden etwa dreißig Sekunden lang rennen, so schnell wir können, und dann anhalten«, flüsterte er. »Da draußen steht eine alte Viehtränke, verrostet, voller Dreck und toter Tiere. Geradeaus vor uns. Dort stoppen wir.« »Eine Viehtränke?« »Na sowas wie eine große Metallschüssel«, sagte Zorro und machte große kreisende Bewegungen mit seinen Händen. »Du weißt schon, für die Kühe, damit sie trinken können. Las vacas, si?« »Bueno«, antwortete Andrea. »Lo intiendo. Ich verstehe. Kühe. Hay agua? Ist da Wasser?« Zorro warf ihr einen Blick zu, der fragte, ob sie den Verstand verloren hatte. Natürlich war da kein Wasser. Wie sollte es da Wasser geben? Diese Frage war zu dumm, um sie mit etwas anderem als einem spöttischen Grinsen zu beantworten. Er flüsterte wieder: »Andale. Vamanos.« Bevor sie antworten konnte, war Zorro auf den Beinen und rannte wie ein Fuchs. Er huschte durch das Gras und war außer Sichtweite, bevor sie auch nur einen Schritt gemacht hatte. Diesmal trug sie ihren Sohn nicht, sondern hielt seine Hand. Sie bewegten sich gemeinsam vorwärts. Das Gewicht ihres Bauches zog an ihrem Rücken und belastete ihre Knie und Füße. Jeder Schritt war schmerzhaft und mühsam. Sie zog ihren Sohn mehr, als dass sie ihn führte. Er war zu langsam, um mit ihr Schritt zu halten. Er wimmerte wieder und beschwerte sich, sein Arm tue weh. Andrea ignorierte ihn und lief weiter. In ihrem Kopf zählte sie in ihrer spanischen Muttersprache bis dreißig. »Veinte-dos, veinte-tres, veinte-cuatro …« Dann sah sie Zorro. Sein Kopf und seine Augen ragten aus einem hohen Unkrautbüschel heraus. Unkraut war das Einzige, was jetzt noch verlässlich wuchs. Er winkte ihr mit beiden Händen zu und gestikulierte hastig, sie solle sich beeilen. Im fahlen Licht sah sie seine vor Adrenalin geweiteten Augen. Der Schleuser wirkte angespannt und drängte sie vorwärts. Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, veränderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. Seine dicken Brauen zogen sich zusammen, und Zorro wandte sich von ihr ab und blickte über seine Schulter, als hätte er etwas gehört. Andreas Atem, das Schlurfen ihrer Füße, das Wimmern ihres Sohnes und das pulsierende Pochen in ihren Ohren machten es ihr schwer, etwas anderes wahrzunehmen. Aber der blitzartig die Nacht durchzuckende Knall des Schusses war nicht zu überhören. Er zerriss die trockene, stille Luft im selben Moment, in dem Zorros Kopf zurückschnellte und sich sein Körper unnatürlich verdrehte. Andrea keuchte und ließ sich instinktiv zu Boden fallen, wobei sie ihren Sohn mit sich riss. Der Junge schrie vor Schmerz, vor Verwirrung, aber Andrea zog ihn mit aller Kraft an sich. Sie legte ihre ganze Hand auf seinen Mund, zog ihn an ihren Körper, an ihren Bauch, und schaukelte ihn im Schutz des hohen, toten Unkrauts hin und her. »Schhhh, mijo«, flüsterte sie, mit einem dicken Klumpen im Hals und Augen voller Tränen, die ihre Sicht trübten. »Schhhh.« Ein paar Schritte von ihr entfernt, halb verdeckt durch die trockene Vegetation, lag Zorros Körper zusammengesunken auf dem Boden. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten sie an. Sie schloss die Augen, was die Tränenflüssigkeit herausdrückte und über ihre Wangen laufen ließ. Ihr Körper zitterte und widersetzte sich störrisch auch der größten Anstrengung, möglichst unhörbar zu bleiben. Wenn sie es nur schaffte, unhörbar zu bleiben … Dann knirschten Schritte durch das Feld. Stimmen, zwei oder drei, sprachen in gedämpftem Ton....



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