Abrahams | DER HAFEN (Traveler 8) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 8, 250 Seiten

Reihe: Traveler

Abrahams DER HAFEN (Traveler 8)

postapokalyptischer Roman
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-95835-899-7
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

postapokalyptischer Roman

E-Book, Deutsch, Band 8, 250 Seiten

Reihe: Traveler

ISBN: 978-3-95835-899-7
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



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Kapitel 1
  20. April 2054, 15:15 Uhr
21 Jahre, 7 Monate nach dem Ausbruch
Atlanta, Georgia   Der Captain der Bevölkerungswache, Greg Rickshaw, knackte nacheinander mit den Fingerknöcheln. Er tat dies nicht nur, um den Druck und die Steifheit in seinen Gelenken zu lindern, sondern auch, um den Mann vor ihm einzuschüchtern. Jedes Knacken hallte in der Betonzelle wider und ließ den anderen Mann wie ein verängstigtes Hündchen blinzeln. Schweißperlen standen ihm auf der Oberlippe. Rickshaw beobachtete ihn aufmerksam. Sein Gesichtsausdruck war dabei ausdruckslos, ohne jede Emotion. Er atmete langsam durch seine abnorm großen Nasenlöcher, die sich dabei blähten. Diese Nasenlöcher und seine großen, knorrigen Hände waren die dominierenden körperlichen Merkmale, die Rickshaw auszeichneten. Er nutzte beides zu seinem Vorteil, und sein Ruf eilte ihm voraus. Er war kräftig gebaut und sah viel jünger aus als seine fünfundsechzig Jahre. Er hatte die Zeit nach dem Ausbruch besser überstanden als die meisten anderen, und so wie er die Gelenke in seinen Fingern bearbeitete, hatte er es auch mit den Machtstrukturen getan, die in den darauffolgenden Jahren zusammenbrachen und sich neu formierten. Rickshaw war gut darin gewesen, sich mit den richtigen Leuten zu verbünden, bevor er sie für das nächstbeste Angebot und das Versprechen auf noch mehr Macht wieder verriet. Als Captain der Bevölkerungswache der Regierung wurde er für seine Hartnäckigkeit und schnelle Entscheidungsfindung bewundert und für seine rücksichtslose Anwendung der Gesetze gefürchtet. Vor ihm, angekettet an den Edelstahltisch, der die beiden trennte, war sein Opfer kurz davor zu wimmern, als Rickshaw endlich das Wort ergriff. Der Captain war seit gut zehn Minuten in der Zelle, ohne auch nur ein Wort zu sagen oder ein anderes Geräusch als seinen Atem und das Knacken seiner Knöchel von sich zu geben. »Vor dem Ausbruch«, sagte Rickshaw, »als du noch nicht einmal ein schmutziger Gedanke in Daddys Kopf warst, kannte ich diesen Hundezüchter. Weißt du, was ein Hundezüchter ist?« Der Mann blinzelte zweimal und überlegte, ob dies vielleicht eine Fangfrage war. Er schüttelte den Kopf. Rickshaw verschränkte die Finger auf dem Tisch. »Das ist jemand, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, Hunde zu zwingen, schwanger zu werden. Und wenn die Hunde dann so weit sind, verkauft er sie.« Obwohl die Luft in der Zelle kühl und trocken war, stank sie nach dem nussigen Geruch von getrocknetem Urin. Rickshaw blähte seine Nasenlöcher wieder auf und rümpfte die Nase gegen den Geruch. »Wie heißt du?«, fragte er. »Woher kommst du?« »Nennen Sie mich … Booth«, antwortete der Mann. »Aus Warner Robins.« Rickshaw hob eine Augenbraue. »Warner Robins?«, wiederholte er. »Netter Ort. Ich war vor dem Ausbruch einmal dort. Ich habe auf dem Stützpunkt ein paar Aufträge erledigt. Habe ein Haus an der Huber Road gemietet.« Booth reagierte nicht. Er bewegte sich auf seinem Sitz, die Handschellen drückten gegen seine Handgelenke, und die Ketten scharrten über die rostfreie Tischplatte. Rickshaw lächelte. Er löste seine verschränkten Finger und legte die Handflächen flach auf den Tisch. »Aber das tut nichts zur Sache, nicht wahr, Booth? Ich habe von Hundezucht gesprochen.« Booths Schultern sackten in sich zusammen und er beugte sich vor. Sein Blick huschte in der Zelle umher und musterte die beiden bewaffneten Wachen, die auf beiden Seiten der massiven Metalltür standen. Sie waren wie Statuen, unbeweglich und scheinbar desinteressiert an dem Gespräch. »Das kam mir schon immer seltsam vor«, sagt Rickshaw. »Hunde werfen unentwegt Welpen, einen nach dem anderen. Die kleinen Mamas bringen die Welpen zur Welt, lecken sie, damit sie atmen und sich bewegen, und säugen sie dann wochenlang. Dann kommt jemand und nimmt die Babys mit. Einer nach dem anderen werden sie gekauft, verpachtet oder was auch immer.« Rickshaw hob eine seiner Hände und winkte damit, als würde er eine Fliege verscheuchen. Er beobachtete Booths verwirrte Reaktion, die Ungewissheit, wohin das Ganze führen sollte. »Wir haben die Welt mit all diesen Designerwelpen bevölkert«, sagte Rickshaw. »Viel zu viele, wenn man bedenkt, dass es viele Hundezwinger voller heimatloser Hunde gab.« Das Licht im Raum war hell und steril. Die LED-Leuchten über den Köpfen waren so gestaltet, dass sie ein Krankenhauszimmer imitierten, Leuchtstoffröhren aus der Zeit vor dem Ausbruch, die die Farben aus ihrer Reichweite wuschen. Booth war blass, seine Haut fahl. Vielleicht lag es an dem Licht. Vielleicht war es aber auch die Angst, die seinen Körper durchzog, der jetzt zitterte. Seine Zähne klapperten. Rickshaw benutzte beide Hände, während er sprach. Große, ausladende Gesten unterstrichen seine Botschaft. »Aber es war in Ordnung, dass die Menschen diese Hunde, die die Welt nicht wirklich brauchte, nahmen und sie sich zunutze machten. Sie trainierten. Sie zu dem machten, was die Käufer haben wollten. Das war akzeptabel.« Außerhalb des Zimmers schlug eine Tür zu, und jemand schrie, flehte um Hilfe. Ein Poltern war zu hören, von Fäusten, die auf Metall schlugen. Booths Augen huschten an Rickshaw vorbei. Seine Nase zuckte. »Ich kannte sogar einmal einen Züchter, der die Welpen vor dem Verkauf einem Wesenstest unterzog«, erzählte Rickshaw. »Sie versetzten den Welpen in eine stressige Situation und testeten ihn. Wie würde er auf einen offenen Regenschirm oder ein lautes Geräusch reagieren? Was würde er tun, wenn man ihn auf den Rücken legte oder ihn mit baumelnden Beinen in die Luft hielt? Kannst du dir das vorstellen, Booth?« Booths Aufmerksamkeit galt dem Poltern jenseits seiner Zelle. Sein Blick war auf die Tür gerichtet, die zwischen den beiden bewaffneten Wachen eingezwängt schien. Rickshaw streckte die Hand nach Booths Gesicht und seinem abwesenden Blick aus und schnippte mit den Fingern. »Booth? Hast du mich verstanden? Ich habe von Temperament gesprochen.« Blinzelnd kehrte Booth ins Hier und Jetzt zurück. Er nickte schwach, und sein Kiefer hing schlaff herunter. Rickshaw legte sich eine Hand auf die eigene Brust und klopfte auf sein Hemd. Er trug ein hochgeschlossenes Hemd unter einem schwarzen Ledermantel, der an beiden Seiten seines Stuhls herunterhing. Die Farbe des langen Mantels passte zu dem spanischen Bolero aus schwarzem Leder auf seinem Kopf. »Das ist für mich die nächste Stufe«, sagte Rickshaw. »Wesenstests? Wir nehmen der Mutter nicht nur ein neugeborenes Baby weg, sondern wir testen es auch noch, um sicherzustellen, ob es zu den Fremden passt, denen wir es verkaufen. Findest du nicht auch, dass das die nächste Stufe ist?« Die Muskeln in Booths Kiefer spannten sich an, als würde er versuchen, das Klappern seiner Zähne zu unterdrücken. Er zuckte mit den Schultern und zog die Schultern übertrieben lang in Richtung seiner Ohren hoch, bevor er sie wieder senkte. Rickshaw lächelte wieder. Die Grübchen auf seinen schmalen Wangen vertieften sich. »Ich fasse das als ein Ja auf. Die nächste Stufe. Das systematische Kaufen und Verkaufen von Babys. Die sorgfältige Unterbringung in einer Umgebung, in der sie am ehesten gedeihen können. Es war ein System, das funktionierte. Ein Geschäftsmodell, das funktionierte. Das heißt, es funktionierte, bis es nicht mehr funktionierte. Bis der Ausbruch und die Dürre dafür sorgten, dass es für Hunde keinen anderen Platz mehr gab als auf Spießen und in Töpfen.« Booths Augen waren jetzt glasig, sein Kinn bebte, und er selbst zitterte ebenfalls. Rickshaw nahm den Hauch von etwas wahr, das deutlich an Exkremente erinnerte. »Verstehst du, worauf ich hinaus will, Booth?«, fragte er rhetorisch. »Ich will damit sagen, dass das, was wir als Bevölkerungswache tun, eine notwendige Arbeit ist. Und es unterscheidet sich nicht von dem, was einst ein vollkommen akzeptables System von Geburt, Verkauf und Beschäftigung war.« Booths Gesicht errötete selbst in dem grellen Oberlicht, und Tränen rannen ihm lautlos über beide Wangen. Sie tropften von seinem Kinn und trafen auf dem Tisch auf. »Vergleiche ich Menschen mit Hunden?«, fragte Rickshaw. »Ja und nein. Das kannst du sehen, wie du willst. Ich erkläre dir lediglich, dass es in der westlichen Gesellschaft ein Vorbild gab.« Rickshaw wusste, wie verrückt er sich anhören musste. Genau das war der Punkt. Er glaubte nicht wirklich, dass Menschen wie Hunde waren. Er mochte Hunde lieber. Er wünschte, er hätte noch den Köter, den er als Kind am Straßenrand gefunden hatte. Sein Ziel war es, Booths Verstand ins Taumeln, ihn aus der Fassung zu bringen und den armen Trottel glauben zu lassen, dass ihm menschliches Leben nichts bedeutete. Das würde in den nächsten Minuten als nützlich erweisen, wenn er sich daran machte, Informationen aus Booth herauszuholen. Wenn er ein Märtyrer werden wollte, wie das Pseudonym, das er benutzt hatte, dann nur zu. Aber Rickshaw bezweifelte, dass er schweigen würde. Was immer Booth wusste, er würde es preisgeben. Wie wenig er auch immer geheim hielt, er würde es in den Äther entlassen. Das hatte schon einmal funktioniert, also würde es auch jetzt funktionieren. Rickshaw faltete seine Hände und legte sie vor sich auf den Tisch. Er stützte die Unterarme darauf und drehte seinen Hals hin und her. Eine Reihe kurzer Knackgeräusche hallte durch den massiven Raum. »Ich sage das alles, weil ich auf Folgendes hinaus will«, dröhnte Rickshaw. »Hast du jemals einen geprügelten Hund gesehen, einen, der nicht in der richtigen...



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